07 Schule bis 1999

700 Jahre Guckheim
Die Schule in Guckheim

3.1	Interessantes und Wissenswertes aus der Schulchronik
wiedergegeben von Josef Nieland

Dieses Kapitel befasst sich mit der Schule in Guckheim. Aha, werden Sie, verehrter Leser denken: Jetzt erfahre ich endlich, wie man früher gelernt hat, warum die Schiefertafel abgeschafft wurde, welche Gedichte Urgroßmutter lernen musste !

Seit 1748 gibt es eine fast lückenlose Chronik, vom jeweiligen Lehrer aufgeschrieben, was er für wichtig und überlieferungswert hielt. Da erfahren wir also, dass es nur eine »Winterschule« gab, deren Unterricht im Privathaus der Familie stattfand, die die meisten schulpflichtigen Kinder hatte. Einen festangestellten Lehrer gab es auch nicht. Die Gemeinde suchte sich einen aus und musste ihn nur noch vom Pfarrer in Salz bestätigen lassen. Genommen wurde der, der für zwanzig Kreuzer pro Kind und freier Kost unterrichten wollte und konnte. Gelehrt wurden Schreiben und Lesen im Katechismus und in der Bibel. Nicht jeder Lehrer unterrichtete auch im Rechnen.

Im Jahre 1819 wurde die Schule neu organisiert. Da unterrichtete jetzt im angemieteten Haus der »patentierte« Lehrer Mathias Fasel, einmal in »Wersdorf«, ein anderes Jahr in »Guckheim«, 49 Kinder!

1822, am 7. November übergab der alte Lehrer Fasel das Amt an den »Lehrvicar« bei der Elementarschule zu Guckheim und Wörsdorf Wilhelm Sehr. Dabei hielt Lehrer Fasel eine »Rede des Wohlwollens und des Dankens an die Kinder, die sowohl ihm als auch den Kindern Tränen auspresste«. Die Bewohner des Dorfes hielt der neue Lehrer für bemerkenswert »leutselig und freundlich«.

1832 schlug des Lehrers Herz höher, als er von der Grundsteinlegung des ersten Schulgebäudes in Guckheim berichten konnte. Ein Jahr später schrieb er:
»Dank sei Euch hier gesagt, ihr edlen Männer, herzlichen Dank. Nicht nur von mir und im Namen der hier folgenden Lehrer, sondern auch im Namen der jetzigen und künftigen Kinder dieser Gemeinde!« Fast 4000 Gulden hatte die nicht besonders reiche Gemeinde aufgebracht. Zu dieser Zeit kostete ein Zentner Saatkartoffeln nicht ganz einen Gulden. In den folgenden Jahren berichteten die Lehrer über die jeweiligen Schülerzahlen, über ihre Bezahlung, aber auch von der unregelmäßigen Teilnahme der Schüller am Unterricht.

1844 wurde in Nassauischen Landen den Dorfschulen verordnet, Obstbäume entlang den Wegen bzw. in einer Baumschule anzupflanzen. Ein Drittel ihres Versteigerungserlöses erhielt der Lehrer als »Pfleger der Baumschule«.

1859 hielt der Lehrer Wilhelm Kexel Einzug in Guckheim:
»Unter einer sehr schon erbauten Ehrenpforte hielten einige Schüller eine Anrede, die Musik(!) spielte noch einige Stücke und sehr gerührt führte mich dann Herr Bürgermeister in das Schulhaus ein. Dank dem Herrn und Dank der Gemeinde ... Nie werde ich diesen, einen der schönsten Tage meines Lebens vergessen.«

1893 hatte es Lehrer Johann Wilhelm Hans satt, das ortsübliche Läuten, das Reinigen und Kehren des Lehrsaales sowie das Feueranstecken zu besorgen. Solche Arbeiten ließen sich nicht mit des Lehrers Amt vereinbaren. Es gäbe genügend arme Leute im Dorfe, die sich gerne diese Kleinigkeit 40 Mark verdienen wollten.
In den folgenden Jahren berichtete Lehrer Hans wieder von den Schülerzahlen, von guten und schlechten Ernten, von Schicksalsschlägen in seiner Familie und natürlich von der Besoldung. Eine ganze Seite widmete er der Feier zur Erinnerung an den 100. Geburtstag von Kaiser Wilhelm I. am 22. März 1897. Dazu gab es sogar Gratisbrötchen für die Schulkinder. Da die Volksschule damaliger Zeit kirchlicher Revision unterlag, berichtete Lehrer Hans auch immer von den wiederkehrenden Frühjahrsprüfungen. Herr Kaplan Müller überprüfte die Leistungen der Schüler, da der Pfarrer zu Salz, Geistlicher Rat Fischer, zu alt für diese Strapaze war. Fischer starb 94-jährig 1899. Aber auch der Lehrer wurde überprüft. Hans berichtete, dass am 7.8.1899 Herr Geheimrat Rohs eine Schulrevision durchführte. Über das Ergebnis, also über seine Leistung, steht nichts in der Chronik.

Im Jahre 1910 aber gab es dann doch eine Reklamation, sogar eine Rüge des Regierungsschulrates Völcker wegen des schlechten Zustandes der Bänke und des Abortes. Erst im Sommer 1914 änderte sich das:
Die Gemeinde schaffte 18 neue Bänke an und ließ das Gebäude renovieren. Wahrscheinlich hatte man sich das Geld gespart, hatte man gewusst, dass der 1 Weltkrieg bevorstand. Zur Mobilmachung war die inzwischen einklassige Schule 18 Tage lang geschlossen worden.

Nun beginnen in der Schulchronik die Aufzählungen und Nennungen der im Krieg Gefallenen. Dazu heißt es dann: »Wiederum hat das Vaterland van unserer Gemeinde gefordert ...« Auch die Schulkinder bekamen den Kriegsalltag mit. Für Kriegsanleihen opferten sie ihr Erspartes: » Fast alle Kinder beteiligten sich an dieser ehrenvollen Arbeit« gemeint war die 4. Kriegsanleihe. Sie erbrachte bei den Schulkindern 481 Mark! Eine weitere »Kriegstätigkeit« der Kinder war die jährliche Teekräuter- und Bucheckern Sammlung. Auch Brennnesseln lieferten sie montags und donnerstags in der Schule ab.

Bei Windstille wird der Krieg in Guckheim auch hörbar. Lehrerin Maria Mattes, seit dem 25.10.1915 Junglehrerin in Guckheim, notierte im April 1916 vorn dumpfen Dröhnen, das vorn westlichen Kriegsschauplatz herüberrollte. Kohlen Knappheit veranlasste im 3. Kriegswinter die Schließung der Schule im Februar 1917. Noch am 1. März 1917 herrschte -26° C.

Im Sommer 1917 berichtete Frau Mattes von der 6. Kriegsanleihe, die in der Guckheimer Schule 1740 Mark erbrachte: »Wir hoffen, dass diese letzte Zeichnung nun bald zum endgültigen Sieg und Frieden führen wird« eine falsche Hoffnung (es folgten noch Nr. 7, 8 und 9), denn Wochen später schreibt Lehrerin Mattes:
»Es ist klar, dass der Krieg auf die allgemeine Stimmung im Volke immer mehr drückt, zumal der Krieg kein Ende zu nehmen scheint.«
Das zu schreiben wäre für Frau Mattes Jahre später im 2. Weltkrieg zu mutig gewesen. Sie berichtete von den vielen Sammlungen der Dorfkinder, mit deren Hilfe die Stadtbevölkerung, z.B. in Köln, ernährt werden sollte.

Zum Waffenstillstand im Oktober 1918 wurde die Schule geräumt, um die zurückflutenden Soldaten unterbringen zu können.
»Die Dorfbewohner bieten alles auf, um den Soldaten über ihre traurigen Erlebnisse hinweg zu helfen.« Jeden Abend gab es »Tanzbelustigung«, die erste angenehme Abwechslung nach vier Jahren, auch für eine junge Lehrerin.

Einem historischen Datum schenkte Lehrerin Mattes fast eine ganze Seite in der Chronik der Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919:
»Zum ersten Mal durften jetzt die Frauen ihr lang umstrittenes Recht ausüben!«
Zu diesem Thema und den Kriegszeiten kritzelte ein Schulrat Müller nach seiner Revision am 25.2.1920 einige sehr kritische Randbemerkungen hinzu, die erkennen lassen, das er der »Dolchstoßlegende« nachhing und von der Emanzipation der Frauen auch nichts hielt.

Im April 1920 tauchte auch wieder Lehrer August Schneemann auf, der den Krieg unversehrt im Baltikum überstanden hatte. Auch er notierte wieder jedes Jahr den aktuellen Schülerstand. Interessant sind dabei die starken Rückgange in der Zeit von 1922 bis 1925 die Zeit, in der die Männer des Dorfes sechs Jahre zuvor »im Felde« für das Vaterland kämpften.
Schneemann berichtete nun wieder vorn Wetter, von den Ernten und vom Hochwasser. Aber eine Episode vom 31. Mai 1924 ist doch sehr aktuell: Da bittet nämlich die Frau des Bürgermeisters für ihre Kinder um zwei Tage Urlaub wegen Kirmes in Wallmerod. Schneemann gewährt aus Prinzip nicht, und der Bürgermeister muss »ein paar Pfennige« Strafe zahlen.

In den nächsten Jahren ging's wirtschaftlich aufwärts. Jedenfalls berichtete Lehrer Schneemann vorn Bau einiger neuer Eigenheime, vom Bauder Wasserleitung, die 1926 fertiggestellt wurde. Zwei Jahre später wurde die Hauptstraße »begradigt«, d.h. sie wurde »hinter dem Dorfe angelegt, um Guckheim vom Autoverkehr zu entlasten.«
Übrigens, Schneemann war einer der ersten, der mit einem Auto, einem Dixi-Zweisitzer, herumfuhr. »August, gib Gas!« in höchster Not von seinem Eheweibe einmal ausgestoßen, wurde zum geflügelten Wort im Dorfe.
Mit seinem Dixi verließ Schneemann 1930 Guckheim. An seine Stelle trat Anton Scheidt, noch vielen Guckheimern persönlich bekannt. Im Januar 1931 berichtete er über einen Unglücksfall am übergetretenen Elbbach. Die 10-jährige Thekla Neu war beim Spielen in die kalten Fluten gestürzt. Und obwohl die 9-jährige (!) Irmgard Bauch (verheiratete Krekel) ihr nachsprang, kam jede Hilfe zu spät.

Scheidt's Schulchronik wurde mehr und mehr eine Dorfchronik. Er berichtete über Brückenbauten, Scheunenbränden, schlechten und guten Ernten, von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. Im Dezember 1932 resümierte er über die politische Lage im Lande. Sein Schlufssatz: »Einigkeit macht stark, geriet stark ins Hintertreffen.«
Und dann fehlen in der Schulchronik die Seiten mit den Aufzeichnungen der Jahre 1933 bis 1945.

Lehrer Scheidt, im Kriege an der Westfront stehend, fand bei seiner Rückkehr im März 1945 nur noch die unvollständige Schulchronik vor. Er führte sie fort mit Berichten über den Ein- und Abzug der Amerikaner, über die Lage im Dorf und sehr ausführlich über den Bau der Kapelle auf dem Rothen Berg, der durch Theaterspielen der Guckheimer mitfinanziert wurde. Bis 1955 beschäftigte ihn diese kleine Kapelle, bis er dann über einen größeren öffentlichen Bau notieren konnte. Im August 1957 begannen die Arbeiten zum Bau einer neuen zweiklassigen Volksschule. Eingeweiht wurde sie am 27.9.1959. Für 83 Schulkinder konnte nun eine neue Schulzeit beginnen. Zwei Jahre später übernahm der Lehrer Norbert Specht die Schule, die inzwischen von 84 Kindern besucht wurde. Es begann eine glückliche Zeit für Familie Specht. Schon bald musste die Gemeinde die gar nicht kleine Dienstwohnung um zwei Räume wegen Familiennachwuchses vergrößern.

Die jeweils Zweiten Lehrer bzw. Lehrerinnen wechselten in überschaubaren Abständen. Die Guckheimer werden sich noch an Frau Hannelore Hering, an Fräulein Ursula Bach und an Hella Flocke erinnern. Letztere unterrichtete in ihren ersten Dienstjahren 53 (!) Kinder in einem Klassenraum. Ab1962 wurde das Fach »Handarbeit« von Frau Irene Kohlenbeck unterrichtet.
1963 gab es für ein Jahr sogar einen Kindergarten in der alten Lehrerwohnung, geführt von »Tante Ursula« aus Westerburg. Lehrer Specht konnte wieder von einem Kirchenbau berichten. Wer weiß noch, dass die großen Schulkinder mit einem Theaterstück zum Kauf der Orgel in der neuen Kirche beitrugen?

Das Jahr 1966 brachte eine Fülle von Neuerungen und Umstellungen. Inzwischen war die Schülerzahl auf 94 gestiegen. Zwei Kurzschuljahre brachten einen neuen Schuljahresbeginn. Die Schulpflicht wurde auf neun Jahre verlängert. Schließlich trat Herr Josef Nieland als dritter Lehrer seine erste Lehrerstelle in Guckheim an. Zu dieser Zeit besuchten Schüler aus Salz die Klassen sieben bis neun in Guckheim. Am 1.8.1968 zogen die Klassen fünf bis neun nach Salz in die neue Hauptschule, mit ihnen Herr Specht als Rektor.
Zurück blieben die Grundschüler. Sie wurden in zwei Klassen unterrichtet. Für die nötige »Klassenstärke« sorgten Grundschüler aus Sainscheid. Das nützte allerdings auch nichts mehr. Wegen der geringer gewordenen Schülerzahl wurde die Grundschule Guckheim am 31.7.1971 aufgelöst. Die Kinder wurden nach Herschbach gefahren und dort unterrichtet, allerdings blieben wegen der dortigen Raumnot immer zwei Klassen in Guckheim. »Mit diesem Eintrag beschließe ich nun die Guckheimer Schulchronik. 15.7.1971 gez. J.Nieland.«

Auferstanden aus Ruinen - die alte Hymne vergangener Sozialistenherrlichkeit drängt sich auf, den Werdegang der Grundschule Guckheim zu schildern. Auf den Fundamenten der alten Volksschule (die gar nicht so alt war, denn es gab noch eine aus der Jahrhundertwende) baute die Verbandsgemeinde Westerburg im Jahre 1984 eine neue ein zügige Grundschule mit vier Klassen, deren Kinder aus Girkenroth, Guckheim und Weltersburg kommen sollten.
Auch die Ortsgemeinde Guckheim sprang auf den »Bauzug« auf und erstellte gleich daneben einen neuen Kindergarten. So ergab sich im Westerwald die wohl einmalige Konstellation: Schule und Kindergarten unter einem Dach.

Am 15. August 1985 öffnete der neu ernannte Schulleiter Josef Nieland erstmalig die Tür der neuen Schule. Damals strömten 92 Kinder in die neuen Räume. Vier Wochen später erfolgte die feierliche Eröffnung, an der die damalige Staatssekretarin Elisabeth Rickal teilnahm.

Im September 1990 verlieh die Verbandsgemeinde auf Antrag der Schule den Namenszug »Brüder-Grimm-Schule«. Die Feierstunde und das anschließende Schulfest standen ganz im Zeichen einer »Märchenstunde«. Gleichzeitig konnte eine Patenschaft mit einer Schule in Burgwerben bei Weißenfels an der Saale geschlossen werden.
Nach einem Zwischenspiel häufigen Lehrerwechsels ist nun Kontinuität eingetreten. Die Lehrerinnen Irene Lettermann, Kerstin Neuer und Barbara Vollstedt sowie der Schulleiter lassen zum jetzigen Zeitpunkt 97 Kindern in vier Klassen »Schule als Einheit von Lebens- und Lernstätte« erfahren.

1833: Die neue Schule betreffend (Originalübersetzung):

Der neue Schulbau ist bereits vollendet. Die Winterschule nahm deshalb den 4ten November in demselben ihren Anfang. Eine eigentliche Einweihung von Seiten der Herren Pfarrgeistlichen fand nicht statt nur der Lehrer und die Kinder dankten in einem passenden Gebete Gott, dem Geber alles Guten, auf den Knien für das neue, freundliche Haus und baten ihn, dass er mit seinem Geiste immer in diesem Hause bleiben möge, damit des Guten in demselben recht viel geschehe. Dasselbe ist zweistöckig von Steinen erbaut, der untere Stock enthält die Lehrerwohnung und besteht aus zwei heizbaren Stuben, einer Kammer und einer Küche, in welcher ein Spar Herd mit verschlossenem Feuer von der Gemeinde angeschafft worden ist. Auch befindet sich ein geräumiger Keller unter den Stuben. Den größten Teil des oberen Stockes nimmt der hübsche Lehrsaal ein, und über. der Treppe ist ein Kämmerchen, bestimmt zum Aufbewahren des Lehrapparates, angebracht. Der Eingang in dieses ist im Lehrsaal. Der Raum des sonst großen Speichers wird beschränkt durch ein Hängewerk und Glockentürmchen.
Sechs neue Sebselien von 10 Schuh Länge sind in den Lehrsaal angeschafft worden.
Das neue Ökonomiegebäude wurde im Jahre 1835 fertig. Hinter diesem befindet sich der Schul- oder Mustergarten, ungefähr 20 Ruthen groß. Südlich vom
Garten, durch einen Weg davon getrennt, ist noch an dem Bache eine Wiese, der sogenannte Backhausplatz, welche auch der zeitliche Lehrer zu benutzen hat und zwar unentgeltlich. Dieselbe misst 12 Ruthen.
Das Schul-Ökonomiegebäude nebst dem dazu gehörigen Grund und Boden kostete die Gemeinde ungefähr 4.000 Gulden. Eine große Summe für die kleine und nicht reiche Gemeinde. Schwierigkeiten und mancherlei Hindernisse stellten sich anfangs dem Bauen dieser Schule hemmend entgegen; allein sie wurden alle durch die Tätigkeit unserer Hohen Landesregierung und anderer hoher und niederer Behörden glücklich beseitigt. Ich halte es für meine Pflicht, meine inneren Dank Gefühle gegen alle diejenigen, welche zum Baue dieser neuen Schule beigetragen, hier laut zu äußern und in diese Chronik niederzulegen. Dank sei auch hier gesagt, ihr edlen Männer, herzlichen Dank! Nicht nur von mir und im Namen der mir hier folgenden Lehrer, sondern auch im Namen der jetzigen und künftigen Kinder dieser Gemeinde. Die Baumschule ist an die Südwestseite des Schulhauses neu angelegt worden. Sie ist 17 Ruthen groß und bildet ein längliches Viereck.

Von den 27 Buben sind im 1. Weltkrieg neun gefallen:
Johann Horz, Ernst Gläßer, Jacob Bauch, Philipp Kaiser, Josef Kögler, Johann Koch, Johann Kuhl, Jacob Bauch und Adam Gasser.

3.2	Die arme Geiß
von Karl Jung

Lehrer Hanz, von 1888 bis 1903 an der Schule in Guckheim angestellt, betrieb nebenberuflich eine kleine Landwirtschaft. Die Schulkinder mussten oft bei den Erntearbeitern aushelfen. Für den Stalldienst wurden abwechselnd die älteren Buben abkommandiert und waren während dieser Zeit vom Schulunterricht befreit. Wenn die Buben morgens vom Lehrer Prügel bezogen hatten, musste das Vieh beim anschließenden Stalldienst darunter leiden. Wieder einmal hatte Josef Hannappel, genannt »Mährener Dicker«, aus irgendeinem Anlass in der Unterrichtsstunde den Rohrstock zu spüren bekommen. »Mährner Dicker« fühlte sich zu Unrecht bestraft und sann auf Rache. Gegen Lehrer Hanz konnte er sich nicht stellen, aber der Geiß im Stall, der würde er es schon geben.
Voller Zorn auf Lehrer Hanz schlug er auf das arme Vieh ein, das bald am Boden lag und alle Viere von sich streckte. »Mährner Dicker« bekam nun doch Gewissensbisse. In höchster Not lief er in das Schulgebäude, eilte die Treppe hinauf, Riss die Tür zum Schulsaal auf und rief: »Herr Lehrer, der Geiß ist nicht gut!« Ob die Geiß durchgekommen ist? Wir wissen es nicht. Sicher hat Lehrer Hanz erkannt, weshalb der Geiß nicht gut war, denn in der Folgezeit wurde »Mährner Dicker« nicht mehr zum Stalldienst eingeteilt.

Lehrer Otto Zimmermann ist zu Beginn des 1. Weltkrieges in Frankreich gefallen. Wenn wir uns die Aufnahme genauer ansehen, so stellen wir fest, dass sich die Kleidermode zwar geändert hat, aber die Gesichter der ehemaligen Schüler leben in den Enkeln und Urenkeln fort.

3.3 August, gib Gas!
von Karl Jung

Lehrer Schneemann war in den zwanziger Jahren einer der ersten Autofahrer in unserer Gemeinde. Er besaß einen kleinen Zweisitzer, Marke Dixi. Lehrer Schneemann und seine Frau waren wieder einmal mit ihrem Gefährt unterwegs und fuhren von Wallmerod kommend in Richtung Herschbach. Zu dieser Zeit wurde die Straße Wallmerod- Herschbach teilweise neu ausgebaut und war vorübergehend gesperrt. Lehrer Schneemann (getreu dem Motto: der liebe Gott weiß alles, Lehrer wissen alles besser) hielt sich jedoch nicht an das Fahrverbot und steuerte sein Auto trotz Sperrung in Richtung Baustelle. Die Bauarbeiter versuchten, das ungestüme Gefährt anzuhalten, doch Lehrer Schneemann ließ sich nicht beirren und fuhr mit seinem Dixi seelenruhig weiter. Er hatte jedoch nicht mit dem Widerstand der Arbeiter gerechnet, die mit erhobenen Schippen eine drohende Haltung gegen ihn einnahmen. Seine Frau bekam es mit der Angst zu tun. In höchster Not rief sie ihrem Mann zu:

«August, gib Gas!«

Und August gab Gas und konnte so der drohenden Gefahr entkommen. Von da an konnte sich Lehrer Schneemann, mit oder ohne Dixi, nirgends mehr sehen lassen, ohne dass er mit «August, gib Gas!« begrüßt wurde.
Über diesen Gruß hatte sich Lehrer Schneemann maßlos geärgert. Er hielt es noch einige Jahre in Guckheim aus und ließ sich dann an die Schule in Glashütten im Taunus versetzen. Hier bekam er aber auch keine Ruhe. Der Ruf »August, gib Gas!« war ihm bis an seinen neuen Dienstort gefolgt.

3.4	Rechenunterricht
Erzählt von Josef und Josefine Kögler
aufgeschrieben von Barbara Krekel

Heute kann man sich gar nicht mehr vorstellen, dass es früher möglich war, acht Schuljahrgange in einem Raum zu unterrichten. Lehrer Schneemann, der ein guter Pädagoge war, beauftragte einige der älteren Schüler, das eben Erlernte mit den jüngeren Jahrgängen zu vertiefen. Zu diesem Zweck gingen die »Kleinen« dann mit einem von den »Großen« nach draußen auf den schmalen Gang, der zwischen Schulsaal und Treppe war. Josef Kögler, der damals im sechsten Schuljahr war, musste mit der zweiten Klasse, in der auch seine spätere Frau Josefine Fasel war, das Einmaleins üben. Natürlich hatte keines der Kinder Lust, wirklich zu rechnen. Josef plante lieber mit den Buben, was sie nachmittags im Wald alles anstellen wollten, und die Mädchen hatten auch wichtigere Dinge im Kopf als Kopfrechnen. Damit der Lehrer aber den Eindruck hatte, dass die Kinder fleißig das angegebene Unterrichtsziel verfolgten, dachte man sich eine List aus. Josef sagte zu Josefine: Wenn de Schwoarz (August Schneemann hatte schwarze Haare) kimmt, son ejsch: »ist?« Un dau säst daa: »Sechsunddreißig!« - »Verstanne?« Natürlich verstand das Ronde Finchen, was der Wellasch Jupp wollte. Jedesmal, wenn Lehrer Schneemann jetzt unverhofft die Tür Aufriss, um die ausgegliederten Schüler zu kontrollieren, konnte er sich von dem konzentrierten Lernen draußen überzeugen.

Bei einigen Jungen fällt die Haarfrisur besonders auf. Man nannte diesen seltsamen Schnitt »Stiftes«.
Auffallend an diesem Bild ist außerdem, dass alle Kinder lachen. Es ist das erste Schulbild, auf dem die Kinder nicht ernst oder traurig aussehen. Von den 26 Buben auf dem Bild, die damals alle unter 10 Jahre alt waren, waren zehn Jahre später, bei Kriegsende, sechs gefallen. Der jüngste war Erich Hannappel, der mit 17 Jahren sein Leben lassen musste.
Es fällt auf, dass einige der Kinder auf dem Bild der Unterstufe und auf dem Bild der Oberstufe abgebildet sind. Der Grund lag darin, da8 die Eltern so für die verschiedenen Kinder nur ein Bild kaufen mussten. War z.B. der Sohn im ersten Schuljahr und die Tochter im sechsten, hatte man ja sonst zwei Bilder kaufen müssen welch' ungeheurer Luxus!

3.5 Henner Fossels Rommelskaut
Erzählt von Kurt Jung
aufgeschrieben von Barbara Krekel

Dass die Prügelstrafe als »Erziehungsmittel« noch lange eingesetzt wurde, wissen die heute um die fünfzig Jahre alten Dorfbewohner noch zu erzählen. Nach der Einweihung der neuen Schule waren die Schulkinder nicht mehr hinter Mauern auf dem Pausenhof eingesperrt. Sie hatten zu jeder Zeit aus dem Hof auf die angrenzenden Wiesen und Felder gehen können. Aber das war natürlich streng verboten.
Die Buben sammelten sich gegen Ende der Pause auf dem unteren rechten Teil des Schulhofes. Sobald der Schulleiter Herr Scheidt in die Hände klatschte, musste man sich brav vor der Treppe in Zweierreihen aufstellen und dann wurde im geordneten Zug das Schulhaus betreten. Sämtliche Buben der Oberstufe (vom 5. bis 8. Schuljahr) verschwanden hinter Fossels Rommelskaut, die nur wenige Meter entfernt war.
Herr Scheidt vermisste die Schüller und rief: »Antreten, sofort antreten!« Aber lange Zeit rührte sich nichts. Bis der eine oder andere dann hinter dem nicht einsehbaren Erdwall hervortrat. Waren alle Missetäter beieinander, mussten sie mit vorgestreckter Hand am Scheidt vorbei, der jeden mit zwei Streichen auf die Finger bestrafte. Selbstverständlich schickten die Großen die Kleinen vor. Die bekamen dann den Ärger des Lehrers mit voller Wucht zu spüren. Und obwohl die Kraft schon nachgelassen hatte, wenn die Großen an die Reihe kamen, konnte man das Resultat der Strafe noch mittags auf dem Heimweg sehen. Auf dem Weg zu seinem Sitzplatz, vorbei an den höhnisch oder mitleidig blickenden Mitschülern, zischte so man her mit zusammengebissenen Zähnen den Spitznamen des Lehrers: »Kes, Kes, Keskopp!« Einige Hände wurden daheim auf Spuren von Handstreichen kontrolliert, denn selbstverständlich kannten auch die Eltern der Schüler die Folgen dieser »Erziehungsmethode« aus eigenem Erleben. Und nicht selten gab es dann wieder Schläge, weil die Eltern wollten, dass ihr Kind sich in der Schule ordentlich benahm.


3.6 Nächtens im Schullandheim Norderney
von Barbara Krekel

Eines der wichtigsten pädagogischen Ziele von unserem Lehrer Specht war, dass wir Kinder vorn Land uns verständlich und in ganzen Sätzen ausdrücken sollten, auch und gerade in Stresssituationen. Dass er dieses Ziel zu mindestens bei einigen Schülern erreichte, zeigt folgende Anekdote:
Wir hatten im Unterricht gelernt, dass die Menschen früher anders sprachen, als wir heute. So sagte man zum Beispiel zur Unterhose ganz züchtig »die Unaussprechliche«. Natürlich gefiel uns dieser Ausdruck ganz besonders und viele merkten sich ihn.
Lehrer Specht fuhr mit den Klassen sechs, sieben und acht im Jahre 1963 in das neueröffnete Schullandheim des Westerwaldkreises nach Norderney. Für uns Schüler eine unvergessliche Fahrt für ihn und seine schwangere Frau, die als einzige Betreuerin mitfuhr, sicher eine gewaltige Anstrengung. So kann man auch verstehen, dass er streng darauf achtete, dass abends um 22 Uhr Bettruhe herrschte und alle Lichter in den Schlafräumen erloschen waren. Bei einem seiner abendlichen  Rundgänge  war  in unserem Zimmer, in dem wir mit sechs Mädchen schliefen, noch Licht und wir waren noch nicht alle im Bett. »Zum Donnerwetter, macht dass ihr in die Betten kommt! Was ist denn hier schon wieder los?« schimpfte er. Und Karin Kloft (heute Müller) stellte sich schützend vor ihre Mitschülerin, indem sie sagte: »Herr Lehrer, die Barbara findet ihre Unaussprechliche nicht!«

Urkunde der Grundsteinlegung der neuen Schule, 28.9.1958
3.7	Anhang

Alle Lehrer und Lehrerinnen, die in Guckheim unterrichteten:

Um 1748 betreute Johann Neu aus Kölbingen einige Jahre die Winterschule. In der Folgezeit hielten Weiand Schmitt aus Wersdorf, Mathias Neu aus Wersdorf, Johann Steinebach aus Sainscheid und Bastian Zickenheimer aus Obersayn die Winterschule.