17 Rezepte und Ernährung

7.5.1	Gerstentee

Zutaten:
4 Esslöffel Perlgraupen
4 Tassen kochendes Wasser

Zubereitung:


7.5.2 Kernsuppe

Zutaten:
150 gr. Graupen
Ca. 3 ltr. Wasser 500 gr. Dörrfleisch
1 Stange Lauch, mehr nach Geschmack 1-2 Möhren
etwas Sellerie

Zubereitung :

7.5.3	Gerstenkuchen
Vorläufer unserer »Erbelskreppelcher«

Zutaten:
1 Tasse Gerste
2 1/2Tassen Wasser
1 / 2 Tasse Mehl
2 Teelöffel Honig
1 Möhre, mittelgroß, gerieben
1 Zwiebel, mittelgroß, fein gehackt 4 Esslöffel Öl
2 Esslöffel Butter

Zubereitung:

7.5.4	Butterbrezel

Zutaten:
250 gr. Mehl
25 gr. Butter
7 gr. Salz
1 Esslöffel Zucker
125 ml. Wasser
200 gr. Butter zum Einschlagen
75 gr. Hagelzucker zum Bestreuen

Zubereitung:
Der Name Brezel gründet sich auf die mittelalterliche Vorstufe des lateinischen Wortes »Brachila«. Das Gebäck, so vermutet man, soll die verschränkten Arme eines Gläubigen darstellen. Im Mittelalter war sie eine Art 
»Devotional speise«, (Devotionalien= Andachtsgegenstände) und wurde in den Klöstern als Dessert oder als Entschädigung für verbotene Genüsse in der Fastenzeit gereicht.

7.5.5	1730: Der Siegeszug der Kartoffel begann!

Die Heimat der Kartoffeln sind die Hochanden von Bolivien bis Chile. Die Geschichte ihres Anbaues geht bis auf die Inkas zurück und ist mindestens 2000 Jahre alt. Die eroberungsfreudigen Spanier haben sie dann in der ganzen Welt heimisch gemacht. Es dauerte allerdings eine Weile, bis sie auch bei uns ihren Siegeszug antreten konnte. Vielen Bauern war es verwunderlich, dass nicht die oberirdischen Beeren, sondern die Knollen aus dem Boden der essbare Teil der Pflanze sein sollte. Erst nach und nach konnten sie dazu gebracht werden, diese neue Pflanze auf ihren Feldern anzubauen.

Als fünftes Kind von Matthias und Barbara Stam kam am 12.5.1704 in Wörsdorf Jacobus Stam auf die Welt. In seinen jungen Jahren kam er viel herum, arbeitete mal hier als Tagelöhner, verdingte sich mal bei dem Grafen und mal bei diesem Grundherrn. Als er im Alter von fast dreißig Jahren zurück nach Guckheim kam, brachte er in einem Sack ein paar seltsame Knollen mit. Recht verschrumpelt sahen sie aus und die Eltern und Geschwister fragten ihn, ob das etwa der Lohn für seine Arbeit sein sollte. Jacobus ließ sich nicht beirren und setzte die seltsamen Gewächse in ein paar Reihen in den Garten. Bald sprossen kleine, grüne Pflänzchen aus der Erde. Die Mutter schimpfte, für so einen Unsinn sei der Platz zu schade im Garten und als die »neumodischen Blumen« auch noch zu blühen anfingen, wurde Jacobus im ganzen Dorf verspottet:

»Der Kobes hat ja schöne Sachen in der Fremde gelernt, Blumen wachsen jetzt bei Stam's im Garten, als ob die nicht was zum Essen nötiger hätten«.

Jacobus aber ging jeden Abend in den Garten, zupfte Unkraut, häufelte Erde an die Pflanzen und hoffte im stillen, dass sein Experiment gelingen würde. Als der Sommer fast vorüber war, wurden die Pflanzen unansehnlich und sogar Nachbars Maria, die fest an Jacobus geglaubt hatte, fing an zu zweifeln, ob das wirklich etwas werden würde. An einem sonnigen Herbstmorgen, dünne Nebel lagen über dem Elbbach, grub Jacobus dann die Knollen aus der Erde. Es kamen verschieden große, pralle, dunkle Knollen ans Tageslicht, die Ernte war gelungen.
Jacobus schichtete das ganze dürre Kraut auf, zündete es an und legte ein paar der Knollen in das Feuer. Nach einiger Zeit spießte er mit einem spitzen Ast eine Knolle aus der Glut, zückte sein Messer, schälte sie und ließ Nachbars Maria hineinbeißen. Hm, schmeckte das gut!
»Das kann man ja tatsächlich essen, das schmeckt ja wunderbar!«
Wie ein Lauffeuer ging die Nachricht durchs Dorf. Am Abend zeigte Jacobus seiner Mutter, wie man die Knollen in der Schale kochte. Mit frischer Milch und warm gegessen, war das eine Delikatesse.
»Aber, nun sag' doch mal Kobes, wie heißen die Knollen denn jetzt eigentlich?« - »Erbei«, antwortete ganz stolz der Jacobus und meinte damit Erdäpfel, Kartoffeln!

So, oder ähnlich könnte es gewesen sein, als die Kartoffel nach Guckheim kam. Den hohen Stellenwert, den die Kartoffel in unserer Westerwälder Heimat besaß, konnte man auch daran erkennen, dass die Braut sich mit einem Kranz aus blühendem Kartoffelkraut schmückte. Auch das »Sträußchen« am Revers des Bräutigams war aus Kartoffelblüten. Bald war sie vom Speiseplan nicht mehr wegzudenken und obwohl sie in unserer Zeit vielleicht kein Grundnahrungsmittel mehr ist, so ist sie aber doch noch sehr beliebt.
Guckheimer Frauen haben ihre Lieblingsrezepte aufgeschrieben. Erstaunlich, was man aus »Erbel« alles machen kann:
7.5.6	Stuß met Loch

Restverwertung, schnelles Abendessen
Zutaten:
Salzkartoffeln,
Reste vom Mittagessen
Schmalz oder Öl, nach Geschmack Eier

Zubereitung:

7.5.7	Erbelskreppelcher

Zutaten:

1 kg Kartoffel
2 Eier
Salz, Pfeffer, getrocknete Kräuter (nach Geschmack)
1 große Zwiebel
etwas Mehl oder Panierrnehl Öl zum Ausbacken

Zubereitung:

7.5.8	Sauern Scheiwe

Zutaten:

2 Pfund festkochende Kartoffeln
1 Zwiebel
1 / 4 Pfund Dörrfleisch
Salz, Pfeffer, Essig, Maggi (nach Geschmack)
Margarine, Petersilie, Mehl (oder süße Sahne)

Zubereitung:

7.5.9	Kartoffelklöße

7.5.10 Himmel und Erde

Zutaten:
1 kg Äpfel
20 gr. Zucker
1 kg Kartoffeln Salz
1 Tasse Milch
1 Eigelb
50 gr. Butter Muskat
500 gr. Blutwurst zum Braten
1 Eßl. Öl
2 Zwiebeln

Zubereitung:


7.5.11	Kartoffelernte

Die Zeit, wenn die »Erbei ausgedoh wern«, auf gut deutsch: die Zeit der Kartoffelernte, war sehr arbeitsintensiv. Früher musste die ganze Familie mit aufs Feld. Eine gute Kartoffellernte sicherte der Familie das Überleben im Winter, wenn draußen nichts geerntet werden konnte. Die »Erbe!« wurden mit einem »Räffje« (kleines Handkörbchen) von den Frauen und Kindern »geläse«, dicke und kleine wurden getrennt gesammelt. Vom »Räffje« wurden sie in die »Mann« ( ein großer Korb) geschüttet. Zwei starke Männer schütteten dann diese in die bereitliegenden Säcke. Gegessen wurde dann am Feldrand, den müden Rücken gegen einen Sack, prall gefüllt mit Kartoffeln, gelehnt. Die Oma, die mit den Kleinsten zuhause geblieben

war, hatte gekocht und brachte das Essen im »Henkelmaa« (ein mehrstöckiges Gefäß mit Henkel) aufs Feld.
Besonders häufig gab es dann Bohnensuppe mit gedünsteten Äpfel oder auch Kartoffelbrei, Spiegelei und gedämpfte Zwetschgen. Heutzutage würde man in der »nouvelle cuisine« sagen: Gemüse und Obst der Saison! Der Geschmack von Obst, das morgens noch auf dem Baum hängt und mittags gegessen wird, ist eben viel intensiver als von Lebensmitteln, die um die halbe Welt kutschiert werden müssen, wie z.B. von Erdbeeren, die an Weihnachten gegessen werden. Da muss man sich dann über den faden Geschmack nicht wundern.
Wenn man an einem arbeitsreichen Herbsttag mittags im milden Sonnenschein
mit der ganzen Familie im Feld saß, die schon prallgefüllten Kartoffelsäcke in Reih' und Glied aufgerichtet sah, schmeckte das Essen sicher nochmal so gut.

7.5.12	Schneppelbohnesopp ...

Zutaten:
250 gr. Dörrfleisch
1 1 /2 ltr. Wasser
750 gr. Bohnen geschnitten (geschneppelt)
2-3 Möhren
2- 3 Kartoffel

Zubereitung:

7.5.13	met gedämpte Äppel

Zutaten:

Butter
etwas Zucker
etwas Wasser
kleine (Koch)Äpfel, Menge nach Bedarf
groben Zucker

Zubereitung:

7.5.14  Erbelbreij, Schpiescheleijer ...

Zutaten:
800 gr. Kartoffeln
200 ml Milch
80 gr. Butter
Muskatnuß, Pfeffer Eier

Zubereitung:

7.5.15	... met gedünstete Quetsche

Zutaten:
Wasser
etwas Zucker
Zwetschgen (Pflaumen), Menge nach Bedarf

Zubereitung:

7.5.16	Kirmessamstag 1921
In Guckheim brannte zum ersten Mal das elektrische Licht!


Eine neue Zeit brach an. Jedes Haus hatte einen elektrischen Stromanschluss, bei den meisten brannte damit lediglich eine Lampe. Von unserer heutigen Abhängigkeit vom Strom war noch nichts zu merken.
Gewaschen wurde in einem Waschtrog, der manchmal mit einem Holzfeuer angeheizt werden konnte. Die Bett- und Tischwäsche wurde auf die Bleiche gelegt, das heißt in der Sonne im Gras ausgebreitet. Viele Guckheimer Frauen gingen an den Elbbach, um zu waschen. Dabei wurde die Wäsche auf einen Stein geschlagen und mit einer Wurzelbürste bearbeitet. Anschließend wurden die Wäschestücke im Elbbach ausgewaschen, egal wie die Wassertemperatur war.

Zur Kühlung der Lebensmittel stand im Sommer lediglich der kühle Keller zur Verfügung. Das Gemüse wurde früher im Winter draußen gelagert, bei starkem Frost etwas abgedeckt. Möhren, Weiß- und Rotkraut, Wirsing, Kohlräbchen standen so bis zum Frühjahr zur Verfügung. Eingekocht wurden Birnen, Zwetschgen und Apfelmus. Äpfel wurden in Scheiben überm Herd auf einer Schnur aufgereiht und so gedörrt, genauso wurden auch Zwetschgen haltbar gemacht. Zum Verzehr wurden sie dann kurz in Zuckerwasser aufgekocht.
Gekocht wurde auf einem, mit Holz befeuerten, Herd, den man in jedem »Ern« (die Küche direkt hinter der Haustür) fand. Mit verschieden großen Ringen auf der Herdplatte konnte man die Kochtemperatur regulieren. Man kochte z.B. auf »kleiner Flamme«, wenn man nur den inneren Ring entfernte. Auch ein Backofen war vorhanden. Meist war dieser Herd auch die einzige Wärmequelle im Winter. Aus diesem Grund war der »Ern« der Mittelpunkt des Hauses.
Hier stand auch der Esstisch der Familie mit der »Lienebank«, einer großen Holzbank mit Lehnen, sowie einige Hocker und Stühle. Gegessen wurde meistens aus einer Schüssel, eigene Teller für jeden waren eher selten.
Nach dem Abendessen saß man noch eine kurze Zeit im Schein der »Funzel«, einer Petroleumlampe, beieinander, um zu reden oder oft auch um zu beten. Dann ging man früh ins Bett, um morgens mit dem ersten Licht wieder mit der Arbeit anfangen zu können.

Gekocht wurde in dieser Zeit, was im eigenen Feld oder Garten wuchs. Man zauberte aus »nichts«, bzw. aus dem was man selbst hatte, die schmackhaftesten und nahrhaftesten Gerichte. Ein paar der alten Rezepte haben sich erhalten und es wird heute noch in Guckheim nach ihnen gekocht:


7.5.17  Eierkäs'

Zutaten:
7 Eier
1 ltr. Milch Salz

Zubereitung:

7.5.18	Hefeklöße

7.5.19 Ropsel


7.5.20	Quetschekraut

Zutaten:
1 Zentner Pflaumen
15 kg Zucker
5 - 6 Tütchen Salizyl (für die Haltbarkeit)

Zubereitung:
Natürlich könnte man auch kleinere, heute haushaltsübliche, Mengen kochen. Aber wie wäre es mit einem Nachbarschafts-Quetschekraut Kochfest? Die Frauen könnten die Quetsche entkernen, die Männer das Feuer im Waschkessel betreuen, das Kraut Mengen und beim Abfüllen helfen. Sicher hätten auch die Kinder ihren Spaß daran. Man hätte eigenes Kraut und bräuchte nicht die Plastikbecher mit gewürztem Pflaumenmus zu kaufen.


7.5.21	Ziererbrej

Zutaten:
3 Schweinsfüße
4 Mittelstücke, gesalzen, (zwischen Schweinsfuß und Haxe)
1 Lorbeerblatt
Wacholderbeeren
schwarzen Pfeffer, Salz Möhren, Sellerie, Salz

Zubereitung:
Wichtig ist bei diesem Rezept, daß die Mittelstücke schon in Salz eingelegt waren, denn dann bleiben sie schön rosa. Rohes Fleisch würde sonst beim Kochen grau werden, und die Ziererbrej würde dadurch ziemlich unansehnlich.

7.5.22	Weihnachten: früher und heute eine besondere Zeit!

Als Oma noch ein Kind war, wurden am »Salzer Betdoch« (der Tag des Ewigen Gebetes am 13. Dezember) die Weihnachtsplätzchen gebacken. Diese wurden anschließend, in ein Kopfkissen eingebunden, hoch oben auf dem Speicher aufgehängt. Dort hingen sie, gut geschützt vor Mäusen und gleichzeitig luftig und kühl, bis zum Heiligen Abend. Natürlich bestand die Gefahr dass die »zweibeinigen Mäuse« (die Kinder und die Männer) das Versteck der Köstlichkeiten ausfindig machten und dem Vorrat bis zum Fest ziemlich zusetzten. Aber die klugen Mütter hatten natürlich vorgesorgt und diese »streng verbotene« Nascherei mit einkalkuliert.

Am Nachmittag des Heiligen Abends ging der Vater in die Scheune und holte ein Bündel Heu für den Ochs und den Esel vom Stall aus Bethlehem. Dieses Futter wurde dann am nächsten Tag dem Vieh gegeben. Es sollte diese vor Krankheiten schützen.

Da Albabbe (der Opa) ging mit den Kindern in die ausnahmsweise geheizte Stoo ( die gute Stube) und betete mit ihnen Warten aufs Christkind! Und dieses kam in Gestalt einer Nachbarstochter, die, in weiße Gewänder gehüllt, ein paar Worte zu den Kindern sprach und sie anschließend ein Gebet aufsagen ließ. Danach durften die Kin­der endlich zum mit Kerzen und Kugeln geschmückten Weihnachtsbaum und zu den Geschenken. Die waren nicht sehr großspurig und bestanden hauptsächlich aus Notwendigkeiten: neue Kleidung, Schulsachen, auch mal eine selbst genähte Puppe, lagen unterm Baum.

Am nächsten Morgen ging es sehr früh nach Salz in die Kirche. Um sechs Uhr war die Christmette, anschließend war die sogenannte Hirtenmesse. An Weihnachten gab es immer ein besonders gutes, aber eigentlich kein traditionelles Essen. Und dann, dann gab es ja auch noch die Plätzchen:

7.5.23	Spritzgebäck

Zutaten:
1 Pfund Butter
1 1/ 4 Pfund Zucker
3 Eigelb, 1 Ei
1 Päckchen Vanille-Zucker
1 Prise Salz
2 Pfund Mehl
1 Päckchen Backpulver
1 1/2 Fläschchen Butter-Vanille-Aroma

Zubereitung:
Was gibt es Schöneres für ein Kind, als daheim bei dieser Arbeit zu helfen? Es kann die Plätzchen auf das Backblech legen, die Teigschüssel auslecken und beim Verzieren helfen. Sternstunden der Kindheit, die man nie vergisst.
7.5.24	Juni 1957: Aus Ronde Colonialwarenhandlung wurde ein Spar-Geschäft!

Zur gleichen Zeit wurde aus »Kättches« ein AFU-Geschäft w1d in »Groth's« konnte man Lebensmittel vom Konsum kaufen. Wieder hatten sich die Zeiten geändert, wieder musste ein weitreichender Schritt getan werden.
Bisher war es so gewesen, dass die Leute nur das kauften, was sie unbedingt brauchten und auf keinen Fall selber herstellen konnten, so z.B. Öl, Salz, Zucker, Heringe, sogenannte Kurzwaren wie Zwirn, Knöpfe usw.

Als einzigen Luxus kaufte man sich ab und an eine Pfeife aus Ton und Tabak, Streichholz (Fix), Lindes Kaffee und Seifenpulver falls noch Geld da war. Lindes- und Kathreiner Kaffee waren früher fast unerschwinglich. Deswegen konnte man den Geschmack dieses Kaffeeersatzes mit sogenannten »Päckelcher« verstärken. In kleinen Päckchen abgepackt, etwa in der Größe wie runde Vivilpäckchen, machte dieser Geschmacksverstärker den Kaffee auch etwas dunkler.

Jetzt stieg der Bedarf ständig, und die Ansprüche der Kundschaft wuchsen mit dem Wohlstand. Es wurden plötzlich Waren verlangt und geliefert, die es früher gar nicht oder nur wenig gab: Bohnenkaffee, Konserven, Nylonstrümpfe, Weine, Schokolade, Pralinen, Zeitschriften aller Art. Es gab sogar frisches Obst und Gemüse zu kaufen. Bisher war doch alles im eigenen Garten und Feld angebaut worden was dort nicht wuchs, gab es halt nicht.

Jetzt kaufte man mit Körbchen »bewaffnet« im Selbstbedienungsladen das ein, was man wollte, nicht mehr nur das, was man brauchte. Senf, Heringe, Gurken, Sauerkraut, Schmunzel, Öl und Essig wurden noch lose angeboten, mussten also vom »Sehauster« und vom »Ronde Finchen« in mitgebrachte Gefäße bzw. in Zeitungspapier verpackt werden. Alles andere wie Zucker, Salz, Hülsenfrüchte und vieles mehr gab es aber fertig verpackt.

Damit ergab sich das nächste Problem wohin mit den leeren Konservendosen, den Quarkbechern, den Zucker- und Mehltüten? Eine Zeitlang konnten wir Guckheimer diesen Wohlstandsmüll, der früher gar nicht anfiel, im Remel entsorgen. In den Gemäuern des ehemaligen Brechers verschwand so manches, was wir nicht mehr brauchten leider auch manches, was wir heute suchen.

Seit 1974 sind wir der Kreis Abfall Entsorgung angeschlossen. Das tägliche Leben hatte sich sehr verändert. Während früher die Menschen in der Großfamilie lebten und in ihren eigenen, bäuerlichen Betrieben mit der gesamten Familie arbeiteten, so lebten in den fünfziger Jahren schon viele mit ihren Kindern in ihren neuen Häusern, Oma und Opa im alten Bauernhaus. Als meine Eltern 1956 ihr neues Haus bauten und die Toilette (eine der ersten im Dorf mit Wasserspülung) ins Haus bauen wollten, schimpften die Altvorderen über diese »Sauerei«: »Da Obtritt im Haus, wu gebtet da su wot?«
Die Väter gingen auswärts arbeiten, die Mütter waren oft mit den Kindern wochenlang alleine. Landwirtschaft wurde noch von vielen betrieben, aber es zeigten sich schon Einbrüche. Fast jeder mästete noch ein Schwein, man hielt auch noch Hühner, und die meisten hatten auch noch eine Kuh oder zwei. Aber aus fast allen bäuerlichen Betrieben waren sogenannte »Nebenerwerbsbauern« geworden. Das bedeutete im Klartext, dass die Frauen die Hauptfeldarbeit tun mussten. Wenn nun im Herbst die »Erbe/ ausgedoh wern mussten« waren es nur noch die Frauen, die Kinder und die Alten, die diese »schro un drägelisch Orwet« tun mussten. Manchmal nahmen sich die Männer auch frei, um zu helfen.

Die Folge dieser Umstände war zwangsläufig, dass immer mehr Landwirte keinen Sinn mehr in der doppelten Belastung sahen. Hinzu kam nämlich, dass sich die Quälerei nicht in barer Münze bezahlbar machte. Wenn man auf der Arbeit ein paar Überstunden machte, konnte man leicht die Kartoffeln kaufen, für die man sich sonst so quälen musste.

Die Essgewohnheiten änderten sich mit den Zeiten. Man kaufte Nudeln und Reis, und seit der »Metzger Toni« 1961 sein Geschäft eröffnete, gab es auch fast jeden Tag Fleisch und Wurst zu essen. Man konnte sich diesen Luxus jetzt leisten, da fast jeder Mann einer geregelten Arbeit nachging.

Als unserer Lehrer Specht in diesen Jahren in der Schule sagte, dass es 1970 keinen Nebenerwerbsbauern mehr in Guckheim geben würde, ereiferten sich einige Dorfbewohner, die das nicht wahrhaben wollten. Er sollte recht behalten, und Kuhls Willi stellte ein paar Jahre später treffend fest: »Die junge Fraucher wolle all' kaan Garde mie hun!« Und so gab man auch in Guckheim nach und nach die Freiheit der Selbstversorgung auf und begab sich immer mehr in die bequemer erscheinende Abhängigkeit des Lebensmitteleinkaufes.

Es ist wie bei den Veränderungen im kirchlichen Leben, man kann dazu stehen wie man will. Man kann es ablehnen, begrüßen oder gar nicht bemerken. Man hat heute z.B. den Vorteil, abwechslungsreicher kochen zu können. Aber viele Frauen wissen, dass das Einkaufen nicht nur eine Freude ist. Es muss geplant werden, viele Dinge des täglichen Lebens können wir nicht im Dorf kaufen obwohl wir noch in der glücklichen Lage sind, einen Metzger, einen Bäcker und ein Lebensmittelgeschäft zu haben. Das ist schon in vielen Dörfern des Westerwaldes nicht mehr so.

7.5.25	Juni 1999: So leben und essen wir heute!

Eine typische, junge Familie heutzutage: Der Vater arbeitet und ist von morgens bis spät abends aus dem Haus. Die Mutter geht stundenweise zur Aushilfe in ein Geschäft, eine Arztpraxis, ein Büro. Die beiden haben ein neues Haus gebaut, das muss abbezahlt werden. Zwei Kinder gehören zur Familie, der Älteste geht zur Schule, die genau wie der Kindergarten der jüngsten Tochter zum Glück im Dorf ist. Also kann die Oma die Kinder morgens bringen oder mittags abholen. Mittags hat die junge Mutter meist nur Zeit für ein Fertiggericht, oder sie schmiert den Kindern schnell ein paar Brote. Billig ist das nicht unbedingt und so ist sie froh, wenn die Oma sich die Zeit nimmt und für die Kinder etwas von früher kocht: Mehlsklöße, Erbelskreppelcher, Dicke Suppe oder ähnliches. Das schmeckt den Kindern genauso gut wie Pizza, Miracoli oder Pommes. Abends, wenn der Vater heimkommt, gibt es was Gutes, was Ordentliches zu essen. Meistens ein Fleischgericht, oft werden auch neue Gerichte ausprobiert. Ganz mutige junge Frauen trauen sich sogar an »Erbelsalot«, aber der schmeckt bei älteren Hausfrauen meistens ganz anders, obwohl man ihn doch genauso gemacht hat, wie die Oma gesagt hat. Komisch!

Oft hat man Gäste, jeder Kindergeburtstag, jeder Hochzeitstag, der neue Schrank, alles will gefeiert werden. Und dann zeigt man, was man kochen kann. Als Getränke bietet man verschiedene Biere, erlesene Weine und Spirituosen an. Das ist nichts Außergewöhnliches nein, das ist in vielen Haushalten eine Selbstverständlichkeit.
Und damit sind wir wieder beim Beginn unserer Zeitreise durch die Küchen von Guckheim. Wir wollen nun noch den jungen Frauen die Gelegenheit geben, ihre besten Kochrezepte zu präsentieren. Denn das haben die heutigen Rezepte mit denen von vor hundert Jahren gemeinsam: es schmeckt wunderbar und sie werden bald schon alt sein.

7.5.26	Lendchen Topf

Zutaten:
1 Schweinelende, ca. 500 gr.
3 Zwiebeln
4- 5 Tomaten
2 Becher Sahne
Chilisauce (ca. 3 / 4 Flasche) geriebenen Käse

Zubereitung:
Dazu passen Spätzle oder frisches Weißbrot sowie ein frischer Salat der Saison!

7.5.27	Pizza

Zutaten: 500 gr. Mehl
1 Teel. Salz
1 Päckchen Trockenhefe
1 Teel. Zucker
1 / 4 ltr. lauwarme Milch
50 gr. Butter Toma tenrnark Pizzagewürz

für den Belag: Salami, Käse, Pilze, Obst aus der Dose, gekochten Schinken, Thunfisch, Zwiebeln, ganz nach Geschmack oder Vorrat.

Zubereitung:

7.5.28	Schnelle Mohrenkopftorte

Zutaten:
10 Mohrenköpfe
500 gr. Quark, 20%
2 Becher Sahne
1 Päckchen Gelatine
100 gr. Zucker
1 Vanillin-Zucker
1 fertiger Bisquitboden

Zubereitung:
Diese Torte lässt sich nicht nur leicht herstellen, sondern auch leicht essen. Sie ist darum bei Kindern besonders beliebt und eignet sich gut für Kindergeburtstage