06 Kirche und Kapelle von Beginn über die Kriege bis 1999

700 Jahre Guckheim

Die Kirche im Dorf

Die Einordnung von Guckheim und Wörsdorf in die kirchliche Geschichte
von Barbara Krekel

2.1 So fing alles an:

Im Jahre 496 schlug der Merowinger König Coldwig die Alemannen, und damit begann die Christianisierung sowie die lange Epoche des fränkischen Reiches. Unter Karl dem Großen um 800 wurde das Reich in Gaue aufgeteilt. Für jeden Gau wurde ein Gaugraf eingesetzt, der den Gau verwaltete und Gericht hielt.
Der erste Graf »unseres« Niederlahngaues ist mit Graf Gerhard im Jahre 832 bezeugt. Schon bald wurde das Amt des Gaugrafen erblich und die Konradiner als Nachkommen des Grafen Gerhard wurden die alleinigen Herrscher in unserer Gegend. (aus: Geschichte der Pfarrei St. Ägidius, Bernd von Volker Lemke)
Unsere Mutterpfarrei Salz ist eines der vier Kirchspiele im Westerwald, die schon sehr alt sind (s. auch Die vier Kirchspiele von H. Gensicke). Als erstes wird Nentershausen erwähnt, und zwar im Jahre 841, dann folgen Hundsangen (1096), Meudt (1097) und erst später, im Jahre 1225, Salz (Salza). Wie Meudt so gehörte auch Salz zum Besitz der oben erwähnten Konradiner.
Doch schon bald entstand ein neues Grafengeschlecht in Diez (Graf Embricho 1053). Die Grafen von Diez gründeten in Salz vor 1255 ein Kollegiatstift, das aber 1289 nach Diez übertragen wurde.
Der erste uns bekannte Seelsorger in einer langen Reihe von Pfarrern in Salz war der Priester Albert (1225).
Es war in alter Zeit sehr aufwendig, ein Kirchspiel (Pfarrei) zu gründen. Alleine für ein Buch, eine Bibel oder ähnliches herzustellen, waren ungeheure Anstrengungen erforderlich. Die Buchseiten bestanden aus Schafhäuten, und ein Mensch brauchte mehr als ein Jahr, um ein solches Buch zu beschriften. Die fünf notwendigen Bücher waren der wertvollste Besitz einer Pfarrei. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass die Kirchspiele sehr groß waren und viele Dörfer umfassten.
2.2	Als wir »trierisch« wurden

Diese Aufstellung wurde 1564 erstellt. Damals kam die Pfarrei Salz zum Erzbistum Trier. Arn 27. Juli 1564 schloss Johann der Ältere von Nassau-Dillenburg, dem zu diesem Zeitpunkt das Kirchspiel Salz gehörte, mit dem Erzbistum Trier einen Vertrag über das Eigentum von fünf diez'schen Kirchspielen ab. Er tat dies nicht ganz freiwillig, und unsere Vorfahren waren nicht unerheblich an diesem Schritt beteiligt. Ein Grund war nämlich der misslungene Versuch, in unserer Pfarrei die Reformation einzuführen. Und in dieser Geschichte spielte auch ein Vikar namens Tilman Krumer aus Wörsdorf eine wichtige Rolle. In seiner Schrift »Ein gescheiterter Reformationsversuch in Salz« schildert Franz Herwig eine abenteuerliche Geschichte, die im Folgenden kurz zusammengefasst wird:

Nach dem Aussterben des alten Diezer Grafengeschlechtes im Jahr 1388 hatten die Dillenburger deren Territorium geerbt. Graf Wilhelm der Reiche von Nassau Dillenburg (1516- 1559) er nannte sich selbst von Nassaw-Catzenelenpogen-Vianden und Dietz war 1530 zum Luthertum übergetreten und hatte in seinen Dillenburger Stammlanden die neue Lehre eingeführt. In den diez'schen Gemeinden verhinderte dies aber das Kondominium des Kurfürsten von Trier, d.h. in den Kirchspielen der Grafschaft wachten kurtrierische Amtmänner und Schultheißen darüber, dass der religiöse Bekenntnisstand nicht geändert wurde. In Salz aber bot das von den Diezer Grafen ererbte Patronatsrecht die Handhabe, einen lutherischen Prädikanten als Pfarrer einzusetzen. So wurde am Mittwoch nach Walpurgis, am 4.5.1558, der Burkhard Bernstein aus Nürnberg zum Pastor von Salz ernannt.

Bernstein versuchte, die heilige Messe, die er als »grewliche und schröckliche abgötterei« bezeichnete, zu reformieren. Er verwarf das Wallfahrtswesen, den eucharistischen Kult, sowie Weihungen und Segnungen von Wasser und Salz, Feuer, Osterkerzen, Taufwasser, Glocken usw. Um die »Päpstlichen mit Freundlichkeit zu gewinnen« wollte er vorübergehend beibehalten: Prozessionen, jedoch »ohne umtragung der götzen und der monstranzen.«, den Gebrauch des Weihrauches »zur Reinigung der luft«,Salz und Chrisam bei Taufen, ja sogar Heiligenfeste, Kirchweih, Firmung und Beichte.

Bernstein übernahm selbst die Seelsorge in Salz, für das Kirchspiel war dies durchaus ungewöhnlich. Sein langjähriger Vorgänger Kuno v. Brambach (er war von 1507 -1555 Pfarrer in Salz) wohnte als Chorherr in Diez und überließ die Arbeit seinen Kaplanen (1524 Peter von Godenrode, 1532 Geilbrecht von Gemünden).
Bernstein sollte in Salz nicht viel Freude haben. Der Pfarrhof war entgegen der ihm gemachten Versprechungen baufällig, und er und seine Neuerungen wurden von Anfang an leidenschaftlich bekämpft. Man kann vermuten, dass insbesondere die katholischen Stiftsherren von Gemünden nach Kräften die Kreise unterstützten, die an dem althergebrachten Glauben festhalten wollten.

Die ersten ernsthaften Probleme hatte Bernstein im Dezember 1558 durch die Aufforderung des Limburger Dekans, ihm die Salzer Kirche zur Abhaltung des Sendgerichtes zur Verfügung zu stellen.

Fast zur Verzweiflung brachten ihn aber die verworrenen Zustände im »Oberkirchspiel«. Die Schönberger hatten sich einen eigenen Prädikanten, Anton Moser aus Westerburg, bestellt. Dass sie ihn aber nicht bezahlen konnten, verließ er 1559 seine Pfarrstelle im Einvernehmen mit Bernstein. Ein erbitterter Streit um's Geld begann. Die Verhältnisse in der Pfarrei wurden für Bernstein immer unerträglicher. Als Hauptträger des Schönberger Widerstandes erschien der Junker Wilhelm von Irmtraut aus Härtlingen, der in Westert den Steinbeuter Hof besaß.

Am 6. Juli 1561 (damals wie heute wurde am 1. Sonntag im Juli Oberkirchspiels Kirmes gefeiert) lauerte der Junker nach dem Gottesdienst dem Pfarrer auf. Zuerst beschimpfte, dann verprügelte er den Gottesmann in der Kirche (!) und keine Hand rührte sich, dem unbewaffneten Pfarrer zu helfen. Der Kampf hörte erst auf, als beide völlig erschöpft waren. »ille verberando, ego vapulando - er vom Prügeln, ich vom Verprügelt werden<<, so schrieb Bernstein später klagend an seinen Landesvater.

Noch in der gleichen Woche drohte der kurtrierische Amtmann der Grafschaft, Dietrich von Diez, mit der Verhaftung Bernsteins wegen Veruntreuung kirchlichen Gutes. Bernstein habe eine Kiste »mit etlich' eysenwerck« aus der St. Leonhardskapelle entwendet und verkauft. In der zur Pfarrei gehörenden Kapelle brachten die Bauern ihrem Schutzheiligen eiserne Votivgaben in Form von Hufnägeln, Figuren, Ketten usw. dar. Das »alt eissen« hatte Bernstein zur Ausbesserung des Pfarrhofes benutzt.

Ein großer Teil der Pfarrkinder beharrte weiterhin auf den katholischen Gebräuchen und begegneten der neuen Lehre mit Verachtung. Sie wollten von Bernstein das sogenannte Wetterlauten erzwingen. Das Glockengeläute sollte bei Gewitter helfen. Und was das Schlimmste war: Keiner ging ernsthaft gegen Wilhelm von Irmtraut vor. Man liefs es bei einer Verwarnung bewenden und Bernstein musste hilflos zusehen, wie der Junker andere gegen ihn aufhetzte.

Am 18.10.1561 kam es zu einem Zusammenstoß mit dem Kuno Kelner aus Gergerode (Girkenroth), der nach wüsten Beschimpfungen auch noch tätlich wurde.

Am Kirmesmontag 1562 nannte ihn der Zimmermann Gerhart in Weltersburg einen Dieb und einen Schelm, worauf ihm der Pfarrer einen »maulstreich« versetzte. Monatelang zogen sich nun die Verhandlungen vor dem Salzer Ortsgericht wegen dieser Sache hin. Schließlich fällten die Salzer das bauernschlaue Urteil, Bernstein solle nachweisen, dass ein Adeliger (gemeint war Wilhelm von Irmtraut) das Privileg habe, ihn beschimpfen zu dürfen, ohne dass ein Untertan dies wiederholen dürfte. Aus diesem Urteil kann man ein gut Teil Bauernstolz und Respekt vor dem Junker entnehmen.

Im Jahre 1563 verpflichtete Bernstein einen Kaplan als Vizepastor, und zwar den besagten Tilman Krumer aus Wirsdorf. Als Bernstein dann am 22.3.1563 fluchtartig die Pfarrei verließ, weigerten sich die Salzer Bauern, ihn nach Siegen zu fahren, wo er die Leitung der Lateinschule übernahm.

Das Kirchspiel und »die der phar Saltzs zugehörigen völcker« machten am 23.2.1564 eine Eingabe mit der Bitte, ihnen Tilman Kromer als Pfarrer zu geben. Krumer hatte wohl als Kind der Pfarrei durch Verwandtschaft und Bekanntschaft im Kirchspiel einen starken Anhang, so dass der Plan des Grafen, in Salz die neue Lehre einzuführen, mehr Aussicht auf Erfolg als bisher hatte. Aber als am 27.7.1564 in Koblenz auf Ehrenbreitstein die politische Entscheidung über die Zugehörigkeit der Pfarrei zu Kurtrier gefällt wurde, waren die Tage Tilman Krumers als Pfarrer von Salz gezählt. Er blieb wohl noch einige Zeit, aber 1568 wird Michael von Hertzig als Pastor von Salz genannt.

Der streitbare Junker Wilhelm von Irmtraut - auch Wilhelm der Dicke - genannt, verstarb am 6. Dezember 1582 und wurde in der Schönberger Kapelle beigesetzt. Sein Grabmal ist bis heute erhalten und dort zu besichtigen. Er hatte seinen Anteil daran, dass der Reformationsversuch in Salz schon nach zehn Jahren scheiterte. Gewiss waren es letztlich politische Entscheidungen, die die Grafen von Nassau-Dillenburg zwangen, die vier Kirchspiele im Westerwald aufzugeben, aber die Querelen und Streitigkeiten mit den Westerwalder Basaltköpfen waren bestimmt mitentscheidend.

2.3 Das Leben unserer Vorfahren im Trierer Land

Die Pfarrei Salz kam aber noch nicht zur Ruhe. Um das Jahr 1584 wurde wegen der großen Entfernung zur Mutterkirche das Ober- vorn Unterkirchspiel abgetrennt, und der Seelsorgebezirk Schönberg mit der Filiale Hahn gebildet. Zur Dotation der Stelle wurde das St. Johannes Beneficium in Salz verwandt. Das passte den Salzern natürlich nicht, und es entstand ein Streit, der 70 Jahre später, und zwar am 28. Januar 1654, im Cardener Vergleich beigelegt wurde.

Der Cardener Vergleich (Auszüge aus dem Original)
Demnach nun sind geraume Zeit hero schir in 70 Jahr zwischen dem Oberkirchspiel und dem Unterkirchspiel in Saltz, im Amt Montabaur gelegen, Streitigkeiten den Kirchenbau betreffend vergangen und beide Partheyen von Ihrer Churfürstlichen Gnaden nach Trier geladen worden....
... solle das Unterkirchspell uf dem Ostermontag, Mittwoch in der Kreuzwoch, Vigilia et in die dedicationis in Hahn gehen und uf Asscensionis und Corporis Chri. solle der Verwalter von Schönberg nachher Saltz mitbringen ...

6. An welchen Orth es seye zu Saltz oder zu Schönberg die Procolation geschehen thut, soil ebenmäßig dasselbsten die Copulation vor sich gehen und wann ausm Hahner Zech Todte nach Saltz gebracht werden, soll testimentiurn Confessiones mitbringen und dem Herrn Pastor zu Saltz zu zeigen seyn.

7. Und schließlich haben sich beide Partheyen auch dahin verglichen, dass demjenigen, so diesen wohlgemeinten und hochnötigen Contract und Vergleich neben Einlegung beiderseitiger Unkosten in geringsten brechen und vigiliren würde, eine Straf van 100 Goldgulden auferlegt werde.
So geschehen zu Carden an der Mosel im Chorbischöflichen Hofe daselbst.

Dieser Vergleich wurde von dem damaligen Salzer Pfarrer Cornelius Imme und den Kirchenmeistern von Schönberg, Dietrich Menges und Bernhard Nipgen ausgehandelt und unterzeichnet. Wenn er uns auch heute schwer verständlich ist, so war er doch zur damaligen Zeit »hochnötig«; denn er regelte das weitere Zusammenleben und arbeiten von den beiden jetzt selbständigen Pfarreien.

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass noch heute 1999 vielen Westerwäldern der Begriff Ober- und Unterkirchspiel geläufig ist. Sogar junge Leute können noch z.B. das Oberkirchspiel geografisch einordnen, es wird heute wie damals Oberkirchspiels Kirmes gefeiert und ein bisschen der alten Rivalitäten zwischen beiden Kirchspielen ist auch noch erhalten geblieben. Im Jahre 1666 wurden alle Leibeigenen der Pfarrei namentlich erfasst.

In dieser Aufzählung wird Guckheim mit »K« geschrieben. Besonders interessant ist für uns der genannte Johannes Göbel (Heimburger). Sein drittes Kind Theis wurde ebenfalls Heimburger der Gemeinden Guckheim, Wörsdorf, Seinscheid, Mähren.
Die Heimburger waren mit Überwachungen Zehntzahlungen betraut und achten darauf das die Anordnungen der Obrigkeit eingehalten wurden.

Theis= Matthias= »Koales Matz« - er wohnte in Koales Matze Haus in Guckheim (heute Elbbachstr. 18). Vermutlich hat er oder sein Vater Johannes Göbel die 568 Silbermünzen in die Futterkrippe im Stall eingemauert, die dort im Jahre 1980 von dem jetzigen Hausbesitzer gefunden wurden.
Für die damalige Zählung von besonderer Wichtigkeit war die Zugehörigkeit der Leibeigenen, trierisch waren die meisten. Es gab aber auch westerburgische ,ermtraudische, reifenbergische Zugehörigkeiten. Wenn zwei heirateten, die verschiedenen Herren gehörten, mussten sie sich loskaufen oder sie wurden auch schon einmal einfach ausgetauscht.
Glücklich konnten sich die schätzen, die trierisch waren, da die Trierer Leibeigenschaft wohl leichter zu ertragen war.
Ein besonderes Kuriosum herrschte damals in Girkenroth (wo sonst). Alle Häuser oberhalb der Dorfstraße pfarrten zu Willmenrod, waren also evangelisch und gehörten zu Westerburg. Die Häuser unterhalb der Straße pfarrten zu Salz, waren katholisch und gehörten zu Trier. Nach und nach zogen die Girkenrother auf die Unterseite der Straße, da es wie erwähnt erstrebenswert war, zu den Trierern zu gehören.

Doch zurück zu unseren erstmals namentlich erwähnten Vorfahren. Die wörtliche Übersetzung dieses alten »Datenblattes« lautet:
Johannes Göbel (Heimburger) und Elisabetha, beide trierisch.
Kinder: Annamaria, Johannes, Theis, Bastian, Philippus, Barbara und Catharina.
Annamaria heiratete Jacob Gleßers Sohn Johann Bernhard, 1689, beide trierisch. Johannes heiratete Georg Ludwigs Tochter Greta Thres von Behrot, somit trierisch. Sind ausgetauscht worn gegen des Kaspers Jacobs Frau Sibila von Huntsangen, den 2. Oktober 1670.
Bastian heiratete Elisabeth, Müllers Tochter von Beroth im September 1682.
Philippus heiratete den 11. September 1691 Johannes Schaafs Tochter Eva von Hahn.
Catharina heiratete den 27. Oktober 1679 Johannes Faßell von Guckem.
Auch der vorgenannte Sohn Theis, der später wie sein Vater Heimburger wurde, heiratete und lebte mit seiner Familie in Guckheim.
Außerdem werden noch folgende Familien genannt.
Sicher ist die Aufzählung nicht vollständig. Aber wir finden darin doch einige uns heute noch sehr geläufige Namen wieder.
Dass wir auf eine fast vollständige Aufzahlung der Einwohner von Guckheim und Wörsdorf aus den Jahren 1682 -1705 zurückgreifen können, verdanken wir einem Zufall. Vor ein paar Jahren fand unser jetziger Pfarrer, Anton Jonietz im Pfarrhaus in Salz ein Kuvert mit einem interessanten Inhalt. Es handelte sich um die Originalkirchenblätter, die schon dreihundert Jahre alt waren. Das Papier war sehr brüchig und wurde konserviert.

Auf diesen Blättern sind alle Kindtaufen und Firmungen aufgelistet, außerdem die Hochzeiten und Sterbefälle. Es werden sämtliche Tauf- und Firmpaten genannt. Dadurch ergibt sich eine umfassende Übersicht über die Einwohner der Pfarrei. Es würde unseren Rahmen sprengen, wenn alle mehr als einhundert Seiten hier veröffentlicht würden. Aber eine Auflistung der einzelnen Guckheimer und Wörsdörfer Familien soll doch erfolgen.

Die Einwohnerzahl hatte sich in den knapp vierzig Jahren nach dem 30-jährigen Krieg wieder stark erhöht. Es wurden 19 Familien registriert, in denen sich in der Zeit von 1682 – 1705 eine Personenstandsänderung ergeben hatte. Es handelte sich um 100 Personen, die eigentliche Einwohnerzahl war aber sehr wahrscheinlich höher, da es ja auch Familien gab, in denen während dieser 23 Jahre weder geheiratet wurde noch Kinder zur Taufe angemeldet wurden.

So fanden sich die Kinder der 1666 erwähnten Familie Johannes Göbel als Eltern mit eigenen Familien wieder. Unser alter Bekannter, der Heimberger Theis Göbel, hatte sogar schon sechs Kinder! Die meisten Familien schrieben sich Neu auch New, Neüw, Neuw (5) und Göbel auch Göbell, Gobbelen (5), sowie Fasel- oder Fassel, Fassell (2) und Schmidt (2). Alles Namen also, die auch heute noch in Guckheim zu finden sind. Erst vor kurzern starb der letzte Namensträger der Familie Bauch (Secker Johann). Außerdem wurden noch die Familiennamen Noll, Wisser, Stam, Burn (Born) und Steipper genannt.

Die meisten Familien waren kinderreich, und manch‘ Familienvater starb in jungen Jahren wie zum Beispiel einer der zahlreichen Neuw’s. Als er 1696 mit nur 41 Jahren starb, hinterließ er seine Frau und sechs Kinder im Alter von 1-13 Jahren. Seine älteste Tochter war kurz vor seinem Tod selber Mutter eines Sohnes geworden. Welche Not mochte mit dem Tod des Vaters und Ernährers gekommen sein!

Auflistung der bekannten (katholischen) Einwohner von Guckheim und Wörsdorf in der Zeit von 1682 - 1705
Vielleicht dient die namentliche Nennung unserer Vorfahren dazu, diese Menschen aus der Anonymität der frühen Zeit herauszuholen und das Interesse ihrer Nachkommen, die ja noch sehr zahlreich zu finden sind, zu wecken.
Doch schauen wir nun über unseren Guckheimer Tellerrand noch einmal ins Trierer Land.
In seinem Buch »Geschichte der Pfarrei St. Ägidius Berod« schreibt Volker Lemke weiter:

Nach dem Dreißigjährigen Krieg erhalten wir durch die Visitationsberichte der Archidiakone von Dietkirchen erstmals Einblick in die Verfassung der Pfarreien. In schlechten Verhältnissen waren viele der Pfarreien, manche hatten keinen Priester, einige Kirchen waren abgebrannt so auch die Kirche und einige Bauernhäuser in Salz, sie wurde 1657 neu aufgebaut. Im Zusammenhang mit dem Brand in Salz ist die Ermordung von über dreißig schwedischen Soldaten in Molsberg zu sehen. Auch in Guckheim sollen zwei Häuser abgebrannt sein, es fanden sich aber keine schriftlichen Unterlagen darüber. Außerdem wurden wohl ebenfalls in Guckheim unterm Dorfkreuz auf dem jetzigen Grundstück Sascha Fasel zwei Dorfbewohner gerafft (gefoltert).

Allmählich nahm das kirchliche Leben wieder einen neuen Anfang. Ende des 17. Jahrhunderts wurden wieder die ersten Ordensniederlassungen gegründet, und das Wallfahrtswesen nahm einen neuen Aufschwung.
Gerade die folgenden Erzbischofe in Trier zeichneten sich durch eine rege Bautätigkeit in ihrer Diözese aus. Der Kurfürst und Erzbischof Johann Philipp von Walderdorff (1756 - 1768) ist deswegen für unsere Heimat ein so bedeutsamer Mann, da er 1701 au£ Burg Molsberg geboren wurde und somit seiner Westerwälder Heimat sehr verbunden war. Er baute neue Schlösser in Molsberg und Engers und führte 1756 im Bistum Trier das »Ewige Gebet« ein. Dies war so gesta1tet, dass an jedem Tag im Jahr von 4 Uhr morgens bis 7 Uhr abends in einer bestimmten Pfarrei Anbetung stattfinden sollte. In der Pfarrei Salz fand die Anbetung am 13. Dezember statt. (Die Tradition wird auch heute noch aufrecht erhalten, die Guckheimer haben ihre Betstunde am Nachmittag.)

Ende des 18. Jahrhunderts war die Epoche der Aufklärung, eine wichtige treibende Kraft in der Entwicklung der Kultur, des Denkens und der Lebensverhältnisse der Menschen. Ein wichtiger Aufklärer dieser Zeit war Johann Wilhelm Castello, der von 1784-1787 Schloss Kaplan in Molsberg war und dort eine äußerst kritische, aufklärerische Schrift über den Zustand der Geistlichkeit, der Wallfahrten, des Ablasshandels, der Vernachlässigung des Pfarrdienstes und der vielgestaltigen Formen des Aberglaubens verfasste. Diese Schrift ist eine gute Quelle der Brauche in der damaligen Zeit.

Aus dem 18. Jahrhundert sind auch einige Berichte über Prozesse in der Pfarrei Salz urkundlich erhalten geblieben. Es ging wie üblich wieder um 's Geld und zwar diesmal um die zu leistenden Abgaben. Diese Prozesse betrafen aber uns Guckheimer nicht - brave Steuerzahler waren wir doch schon immer - gelle?!

Mit der Französischen Revolution 1789 und der Besetzung der linksrheinischen Gebiete floh der letzte Kurfürst von Trier Clemens Wenzeslaus über Montabaur nach Augsburg. Nun entstand der Sonderfall, dass es übergangsweis zwei getrennte Bistümer Trier gab. Unser rechtsrheinisches Restbistum wurde bis 1812 von Clemens Wenzeslaus, bzw. seinem Offizial Ludwig Beck geführt. Als Sitz des Vikariates wählte er Limburg, von wo aus das Bistum vorläufig verwaltet werden sollte.

Ganz Europa befand sich zu dieser Zeit im Kriegszustand. Der französische Feldherr Napoleon Bonaparte hatte weite Teile besetzt und war sogar bis Moskau vorgerückt. Überall mussten die jungen Männer ins Feld. Bei Waterloo verlor er dann die entscheidende Schlacht.
Bei dieser Schlacht war einer aus Guckheim dabei. Matthias Kuhl, genannt
»Kuh.ls Matz«, verlor bei Waterloo sein Bein. In den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts wusste
» Wehlemsjusepps Weijser« noch von dem Goldenen Bein des Kuhls Matz zu erzählen:

2.3.1 Das goldene Bein
von Karl Jung

Bei den Zusammenkünften der Alten in früherer Zeit haben wir als Kinder die Ohren gespitzt und den Erzählungen interessiert zugehört. So ist mir der Bericht meines Großvaters vom »goldenen Bein« des Matthias Kuhl noch in guter Erinnerung.
»Kuhls Matz« dürfte der Sieg über Napoleon bei Waterloo ziemlich gleichgültig gewesen sein. Er lag zwischen Schicksalsgenossen und Toten auf dem Schlachtfeld mit einem zerschossenen Bein. Nach seiner Verwundung hatte er jedoch das Glück, auf einem Verbandsplatz ärztlich behandelt zu werden. So blieb er am Leben, verlor aber das zerschossene Bein. Nach seiner Genesung und nachdem er mit einer Beinprothese versorgt war, kehrte er nach Guckheim zurück. Das Kunstbein bereitete dem Kriegsveteranen sicher oft große Beschwerden. Er gab aber nicht auf. Bis zu seinem Lebensende arbeitete er von morgens bis abends in seiner Landwirtschaft. An Sonn- und Feiertagen marschierte er bei Wind und Wetter, wie alle anderen Dorfbewohner, van Guckheim nach Salz und zurück, um in der dortigen Pfarrkirche am Gottesdienst teilzunehmen. Bei jedem Schritt, so wusste mein Großvater zu erzählen, verursachte das Kunstbein ein ächzendes Geräusch.
Der Kriegsversehrte hatte für den Verlust seines Beines eine finanzielle Abfindung erhalten, was für die damalige Zeit alles andere als selbstverständlich war. Er legte das Geld in Landkäufen an. Das wiederum rief einige dörfliche Neider auf den Plan. Bald machte das Wort die Runde: »Kuhls Matz, de hot e Goldbein«. Es gab aber sicher auch wohlwollende Zeitgenossen, die dem »Kuhls Matz« den bescheidenen Wohlstand gönnten, den er trotz seiner Behinderung mit lebenslänglichen Schmerzen bei der harten Bauernarbeit teuer erkauft hatte.
Matthias Kuhl war am 22. April 1786 in Guckheim geboren und mit Anna Catharina Ronden aus Sainscheid verheiratet. Er wurde 80 Jahre alt und starb am 6.9.1866.

»Kuhls Matz« wohnte mit seiner Familie im Haus Nr. 43 (heute Elbbachstraße). Die späteren Hausbesitzer waren sein Urenkel Johann Kuhl und nach dem 2. Weltkrieg die Eheleute Visosky. Im Jahre 1975 wurde das baufällig gewordene Haus abgerissen.
Das goldene Bein ging nicht verloren. In den dreißiger Jahren hatte man das Kunstbein auf dem Speicher des Hauses gefunden und dem Hachenburger Museum zur Verfügung gestellt. Dort befindet es sich heute im Westerwälder Landschaftsmuseum. So mancher Museumsbesucher wird schon einen Augenblick vor dem Holzbein des Waterloo-Kampfers und Landwirtes Matthias Kuhl aus Guckheim innegehalten und vergeblich nach Goldspuren geschaut haben.

2.4 Zugehörigkeit zum Bistum Limburg und wie aus unseren Vorfahren »Nassauer« wurden

Nach der endgültigen Festlegung der nassauischen Landesgrenzen auf dem Wiener Kongress 1815 fanden Absprachen über das neue Bistum in Frankfurt statt. Dach es dauerte noch bis zum November 1827, bis es zur Gründung des Bistums Limburg kam. Die ersten Bischöfe Jacob Brand (1827-1833) und Wilhelm Bausch (1834 - 1840) mussten im Großen und Ganzen die staatskirchlichen Bestrebungen der nassauischen Landesregierung tolerieren. Diese verwaltete das gesamte Kirchenvermögen und entschied über die Besetzung der Pfarreien. Das Bistum wurde in 15 neue Dekanate aufgeteilt, die sich im Wesentlichen bis heute erhalten haben. Diese Dekanate wurden 1828 den herzoglichen Amtsbezirken gleichgesetzt, so dass unsere Pfarrei Salz dem Dekanat Meudt zugeteilt wurde. 1831 wurde das Amt Meudt in das Herzoglichen Amt Wallmerod umbenannt, zu dem wir fast 150Jahre gehörten. Erst mit der Gründung der Verbandsgemeinden 1972 kam z.B. das für uns zuständige Standesamt von Salz nach Westerburg.

Als dritter Bischof von Limburg wurde 1840 der erst 34-jährige Peter Josef Blum ernannt. Er begann, das Bistum von innen her religiös zu erneuern und setzte ein breites Reformprogramm durch. Es umfasste die Einführung von Bruderschaften im Jahr 1844, eine bessere Ausbildung der Priester, sowie eine Belebung des Ordenslebens in der Diözese. In diese Zeit fällt auch die Gründung der »Annen Dienstmägde Christi« 1854 durch Mutter Maria Kaspar. Sie stammte mütterlicher seit´s aus der Bilkheimer Familie Fasel und hatte nahe Verwandte auch in Wörsdorf.

Auf dem Weg von Salz nach St. Leonhard wurden ebenfalls 1854 die Kreuzwegstationen errichtet. Die St. Leonhard-Kapelle liegt an der alten Wegkreuzung zwischen Guckheim und Salz, Herschbach und Weltersburg. Über die Geschichte dieser Kapelle liegt ein Aufsatz von Dr. Karl Ortseifen aus Salz vor, aus dem im Folgenden zitiert wird:
Die Feldkapelle des Hl. Leonhard bei Salz liegt an einer alten Straßenkreuzung inmitten des früheren Salzer Kirchspiels. Bereits 1354 wurde in einem Landfrieden Kaiser Karls IV. die Straße von Herschbach nach Weltersburg genannt. Die erste Erwähnung der Leonhardskapelle, genauer eines »Heiligen Hauses St. Leonhard«, fand sich bereits 1425 in einer Beschreibung der Weltersburger Gemarkung. Als Pfleger der Kapelle wurde 1512 und 1516 der Schultheiß von Weltersburg genannt. (Auch heute noch wird St. Leonhard von Weltersburgern gepflegt).
1525 beklagte sich der Salzer Kaplan Peter von Godenrode darüber, dass er seit er Weihe des Altars keinen Lohn für Messen in der Kapelle bekommen habe und niemand etwas über das Geld zu wissen scheine. Wegen der Leonhardskapelle geriet auch der protestantische Pfarrer von Salz, Burkhard Bernstein, 1561 in Schwierigkeiten.

Ab 1564, als das Kirchspiel Salz trierisch wurde, konnte sich Kurtrier langsam gegenüber den Ansprüchen Leiningen-Westerburgs auf die Kapelle durchsetzen. Der Pfarrer von Salz musste damals wöchentlich eine Messe in St. Leonhard lesen. Ferner musste er am Patrozinium, an den Feiern des Hl. Matthaus und Markus, sowie an Ostern eine Messe feiern und predigen. Der Brauch, wöchentlich eine Messe in der Kapelle zu lesen, wurde auch in der Amtszeit von Pfarrer Pascher (1934-1963) noch gepflegt. Besonders bekannt wurde seine Hubertusmesse in
St. Leonhard. 1748 wurde die Kapelle durch einen Neubau ersetzt, der aber 1824 wieder abgerissen wurde. Die heutige Kapelle, in einfachem neugotischen Stil erbaut, stammt aus dem Jahre 1863.

An den genannten Festtagen, zudem an Johannis, pflegten früher das Ober- und Unterkirchspiel in Prozessionen bei der Kapelle zusammenzukommen. Zwischen den jungen Burschen kam es dabei manchmal zu Raufereien, wie der Amtsverwalter zu Montabaur 1786 berichtete. Besonders am Markustag, wenn die Burschen aus dem Unterkirchspiel einen Kuckuck fliegen ließen und die Oberkirchspieler aufforderten, ihn zu fangen, da sie in ihren Dörfern keinen hatten.

2.4.1 Priester Matthias Groth

In diese Zeit der geistlichen Erneuerung in unserem Bistum fällt auch die Priesterweihe des Matthias Groth.
Er wurde am 10. Dezember 1813 als Sohn des Schultheißen Georg Groth und dessen Ehefrau Catharina, geb. Fasel in Guckheim geboren. Arn 12. Dezember 1813 wurde er in Salz getauft.
Seine Studienjahre verbrachte er an der Universität Gießen, seine Staatsprüfung war1841 in Nassau.
Am 21.11.1842 wurde er in Limburg zum Priester geweiht.
Seine Stationen als Kaplan waren: 1842 Oberursel, 1843 Hofheim, 1844 Vilmar, 1845 Wiesbaden, 1846 Höchst und 1847 wieder Wiesbaden. Der jährliche Wechsel der Kaplanstellen war zu dieser Zeit üblich.

Am 27. Januar erhielt er die Stelle als »Frühmesser« in Rüdesheim, verstarb aber bereits am 10. Dezember 1847, an seinem 34. Geburtstag.
Er war, nach den bisherigen Erkenntnissen der einzige Priester, der in Guckheim geboren wurde, und als »richtiger« Guckheimer gelten kann. 280 Jahre vor ihm war, wie wir ja bereits wissen, Tilmann Krumer aus Wörsdorf in Salz evangelischer Pfarrer, und 80 Jahre nach ihm wurde in Limburg Georg Nilges zum Priester geweiht. Doch dieser war in Wilsenroth geboren. Seine Geschichte folgt später.

2.5 Preußens Gloria in unserem Dorf

Als Preußen im Jahre 1866 das Herzogtum Nassau annektierte, wurde der Regierungsbezirk Wiesbaden gegründet, und das Bistum Limburg war kein Landesbistum mehr, sondern durfte die Vermögensverwaltung selbst in die Hand nehmen und auch die Pfarrer selbst ernennen. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 begann die Verfolgung der katholischen Kirche im sogenannten Kulturkampf. Fast alle deutschen Bischöfe, viele Priester und Ordensleute wurden verhaftet oder gingen ins Exil. Bischof Blum lebte von 1876 - 1883 im Exil in Böhmen. Bei seiner Wiederkehr waren fast ein Drittel der Pfarreien im Bistum unbesetzt.

In Salz stand in dieser bewegten Zeit-von 1860 bis zu seinem Tod am 20.10.1899
der Pfarrer Joseph Fischer, der auch 1841 -1851 Pfarrer in Berod war. 1866 wurde er Dekan des Dekanates Meudt und 1889 zum Geistlichen Rat ernannt. Er starb im Alter von fast 93 Jahren und ist in Salz begraben.

Pfarrer Josef Fischer wurde 1806 in Assmannshausen im Rheingau geboren. Er hatte bei seinen geistlichen Mitbrüdern einen besonders guten Ruf als Gastgeber. Die Zusammenkünfte bei ihm endeten oft nach einer ausgiebigen Weinprobe, da er durch seine Herkunft Beziehungen zu Weingütern und deren edle Erzeugnisse hatte.
Sein Küster hieß Trautes und hatte unter anderem auch die Aufgabe, die geistlichen Herren nach solchen Abenden mit der Laterne bis nach Frickhofen zum Zug zu begleiten. Er musste also mit der »lustigen Gesellschaft« bei Wind und Wetter nach Frickhofen und selbstverständlich auch zu Fuß wieder zurück. Da er vorher nicht bei der Weinprobe mittun konnte, war ihm dieser Dienst besonders unbeliebt.
»Wort nur o, Ihr-Herrn , det nechste Mol kreijn ich auch«, so überlegte der Trautes.
Als die nächste Zusammenkunft in Salz nach ihrem gewohnten Ablauf endete, und die »Geistlichkeit« sich wohlgemut' und scherzend auf den Weg zum Bahnhof machte, fing der Trautes unter Roth an, den Rosenkranz zu beten.
Verdutzt und verdrossen mussten die Herren Priester einstimmen, und so zog die außergewöhnliche »Prozession« durch die Nacht. Immer, wenn ein Gebet beendet war, fing der Trautes ein neues an. Ob die Herren bei späteren Zusammenkünften auf die Dienste des Trautes weiter bestanden haben, ist nicht überliefert.

Der Nachfolger von Pfarrer Fischer im Amt war Pfarrer Lorenz Müller. Er stand dem alten Geistlichen Rat schon seit 16.April 1891 als Kaplan zur Seite, kurz nachdem er an Ostern des gleichen Jahres zum Priester geweiht wurde. Er wurde am 6.9.1866 in Oberselters geboren und brachte seine Schwester, die ihm den Haushalt führte und seinen unverheirateten Bruder mit. Der Bruder führte ihm die Landwirtschaft. In all‘ den langen Jahren seit dem Mittelalter waren die Pfarrer von Salz auf die Einkünfte bzw. Erzeugnisse der Landwirtschaft zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes mit angewiesen. Diese Zeit endete mit Pfarrer Lorenz Müller in den zwanziger Jahren. Es gibt aber heute noch in Salz »Basdursch Land«.
Jedenfalls konnte sich mein Vater (geb. 1915) noch gut »unem Salzer Basdur sei letzt‘ Kou« erinnern. Diese wurde wohl nicht mehr zur Feldarbeit eingesetzt und hatte vorn Stehen im Stall so lange Kloe, dass sie kaum vorwärts kam.

Pfarrer Müller übernahm zum 16. Jan. 1900, mit dem neuen Jahrhundert, die Pfarrei. Schon im Jahre 1901 plante man den Pfarrhausneubau und beauftragte Matthias Holzbach und Consorten aus Guckheim damit, die Steine aus dem Pfarr eigenen Distrikt Sengelberg zu brechen. 1902 stellte Graf Franz von Walderdorff »gottlob« dem Pfarrer kostenlos eine Wohnung auf Schloss Neuroth zur Verfügung die er während der Bauzeit bewohnte. Am 1. Oktober 1903 wurde das neue Pfarrhaus dann bezogen. Es sah etwas anders aus, als wir es heute kennen. Das Dach zierten einige Türmchen. Beim Betrachten einer alten Postkarte wurde ich ein wenig an ein altes Schloss erinnert, an ein verwunschenes Schloss in Transsylvanien.

Und im Jahre 1904 wurde die Kirche renoviert. Im gleichen Jahr wurde der » Volksverein für das Katholische Deutschland« in Salz gegründet, dem 186 Männer und Jünglinge beitraten. Das Ziel dieser überall im Bistum neu entstandenen Vereine war die bewusste Abgrenzung gegen das protestantische Preußen. Pfarrer Fischer schrieb: »Gebe Gott, dass unserem christlichen Volk Glauben, gute Sitten und Zufriedenheit erhalten werden«.
In Limburg war seit 1898 der ehemalige Abt des Marienstätter Zisterzienserkloster, Dominikus Willi, Bischof. Genau wie seine Wahl, so war auch die Ernennung seiner beiden Vorgänger, Roos und Klein, sehr stark vom Willen der preußischen Regierung abhängig.

2.5.1 Der bischöfliche Segen
von Karl Jung

Kurz nach der Jahrhundertwende waren die Bruder Christian und Philipp Becker aus Guckheim Knechte in Möllingen im neu erbauten Kloster der »Schwestern der Göttlichen Vorsehung«. Sie waren in der Landwirtschaft beschäftigt. Eines Tages war der Hochwürdige Herr Bischof von Limburg zur Firmung in Schönberg-Möllingen angekündigt. Philipp und Christian hatten die Ehre, den Hochwürdigen Herren vom Bahnhof in Westerburg abzuholen und ins Kloster in Möllingen zu bringen.

Vor die Klosterkutsche wurden zwei sauber gestriegelte Pferde gespannt und damit nach Westerburg gefahren. Am Bahnhof angekommen, mussten die beiden feststellen, dass der Bischof nicht eingetroffen war. So mussten sie ohne Hochwürden die Rückfahrt nach Möllingen antreten. Da es stark regnete, nahm der Philipp den vorgesehenen Platz des Bischofs in der Kutsche ein, während der Christian auf dem Kutschbock das Gefährt wieder in Richtung Möllingen dirigierte. Inzwischen hatten sich in Kölbingen und Möllingen zahlreiche Pfarrangehörige am Wegesrand eingefunden, um den Hochwürdigen Herrn Bischof gebührend zu begrüßen. Beim Vorbeifahren der Kutsche, knieten die Gläubigen ehrfürchtig nieder, um den bischöflichen Segen zu empfangen. Hinter den halb zugezogenen Fenster Gardinen winkte der Philipp den am Wegesrand Knieenden freudig zu. Diese konnten den hohen Gast jedoch nicht erkennen und glaubten, den bischöflichen Segen erhalten zu haben.
Vor dem Klostereingang in Möllingen warteten die Pfarrgeistlichen, die Ortsbürgermeister, die Schullehrer mit ihren Klassen, der Gesangverein und viele Einwohner der Pfarrei, um dem Hochwürdigen Herrn einen würdigen Empfang zu bereiten. Die Kutsche fuhr in den Klosterhof ein und hielt vor dem Portal. Diensteifrige Manner sprangen hinzu, um dem Hochwürdigen Herrn Bischof beim Aussteigen aus der Kutsche behilflich zu sein.

Gerade wollte der Dirigent den Taktstock zum Einsatz des Begrüßungsliedes schwingen, als der Philipp unter dem allgemeinen Erstaunen, dem strengen Blick des Pfarrers und dem Gelächter der übrigen, umständlich aus der Kutsche stieg. Diese Geschichte ist tatsächlich passiert und verbürgt. Doch kommen wir zurück aus dem Oberkirchspiel in unserer Pfarrei. Von den in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts grassierenden Typhusepidemien blieb Guckheim zum Glück verschont, in Salz erkrankten zehn Personen, von denen fünf starben.

2.5 Preußens Gloria …

Das Jahr 1909 begann mit einem Hochwasser, das die schon etwas baufällig gewordene Brücke in Guckheim davonriss(4.2.1909). In Guckheim waren keine Menschenleben gefährdet, aber in Langendernbach und in Staffel kamen Menschen in den Fluten des Elbbachs um. Im Jahr 191O wurde das letzte Teilstück der Bahnlinie Westerburg – Montabaur, und zwar die Strecke von Mähren bis Meudt, fertiggestellt.
Jetzt beginnt auch die Zeit, an die sich die älteren Einwohner Guckheim noch zurückerinnern können. So erzählte uns vor ein paar Jahren, die erst kürzlich verstorbene, ehemals älteste Einwohnerin von Guckheim, Lena Hill, folgende lustige Begebenheit.

2.5.2 Die erste Fahrt mit der Eisenbahn

Die kleine Lena fuhr mit ihrer Großmutter das erste Mal von Wallmerod nach Herschbach. Die alte Frau war natürlich ziemlich nervös, war sie doch noch nie mit einem solchen Gefährt unterwegs gewesen. Die Mitreisenden versuchten sie ein wenig zu beruhigen, und der Schaffner erbot sich, ihr behilflich zu sein. Klein Lena fand das alles sehr aufregend. Man stieg also mit gemischten Gefühlen in Wallmerod in den Zug, der mit fürchterlichem Getöse losfuhr. Der Großmutter entfuhren ein paar leise Stoßgebete und kaum, dass sie sich an das »neue Fahrgefühl« gewöhnt hatte, blieb der Zug schon wieder stehen. »Oma, mir musse aussteije«, sagte Lena zu der alten Frau. »Dom Kend, sei doch stel, mir sein noch lang net in Haschbich«, schimpfte die Oma. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass die Fahrt so schnell vorüber sein konnte. Die kleine Lena drängelte und jammerte, man wusste ja schließlich nicht, wie lange der Zug Aufenthalt hatte. Aber Oma war unerbittlich, schließlich konnte man ja noch nicht am Ziel sein.
Der Fahrdienstleiter wollte schon das Signal zur Abfahrt geben, als der Schaffner auf die beiden aufmerksam wurde. »Eijsch denke, ihr zwaa wollt in Haschbich aussteije, jetzt rnacht auer,das ihr heij rauskommt.« Auch das noch, jetzt merkten alle im Zug, dass die zwei nicht wussten, wo man aussteigen musste. »Dom Kend, jetzt komm auer endlich«, schnaubte die Großmutter und zog die verdutzte Lena aus dem Zug.

2.6 Preußens Gloria …

In den folgenden Jahren hatten die Menschen überall in Deutschland – und natürlich auch in der Pfarrei Salz wenig zu lachen. Das Jahr 1910 brachte der Pfarrei zwar noch einmal ein seltenes Glück, der Neupriester Ernst Göbel aus Girkenroth feierte in Salz seine Primiz. Im folgenden Jahr spendete die Graf in von Walderdorff 5000 Mark und legte dam.it den finanziellen Grundstein für das Schwesternhaus in Salz, das am 21. Nov. 1912 von den Schwestern der »Armen Dienstmägde Christi« aus Dernbach bezogen wurde.

Im gleichen Jahr fand man die 29-jährige Katharina Koch aus Guckheim tot im Elbbach. Sie war beim Wäscheauswaschen im hochwasserführenden Bach ertrunken.
Am Ostermontag des Jahres 1914 feierte in Salz ein weiterer Neupriester aus der Pfarrei seine Primiz, und zwar Friedrich Maria Pascher vorn Hof Neuroth bei Bilkheim. Er sollte noch sehr wichtig für unsere Pfarrei werden.

Pfarrer und Geistlicher Rat Lorenz Müller

2.6 Der Erste Weltkrieg

In Sarajewo, der Hauptstadt Serbiens, wurden der Österreichische Thronfolger, Prinz Franz Ferdinand und seine Gattin erschossen. Daraufhin forderte Österreich von Serbien Genugtuung. Auf Betreiben Russlands wurde diese verweigert.

Am August 1914 erfolgte die Kriegserklärung. »Die wehrpflichtigen jungen Leute der Pfarrei folgen pflichtgemäß dem Rufe des Kriegsherrn zur Verteidigung des Vaterlandes«, so schrieb Pfarrer Müller. Schon am 22. August fiel der erste Soldat aus der Pfarrei Salz in Frankreich. Es war Jakob Nattermann aus Roth. Am 26.09.1914 traf zum ersten Mal die schreckliche Nachricht in Guckheim ein Jacob Bauch wurde als vermisst gemeldet.
Hatte man zuerst noch an ein schnelles Ende des Krieges geglaubt, so richtete man sich bald auf den ersten Kriegswinter ein. Sechzehn junge Männer aus der Pfarrei bezahlten ihr Pflichtbewusstsein im ersten Kriegsjahr mit dem Leben, sechs davon waren aus Guckheim.

Im zweiten Kriegsjahr 1915 fielen 28 junge Männer aus der Pfarrei, »nur« drei davon waren aus Guckheim:
Im Jahr 1916 wurde das Leben zunehmend härter. Seit Juli gab es Brotmarken, die Lebensmittel wurden teuer. Ein Pfund Butter kostet 5 bis 10 Mark, ein Zentner Kartoffeln 5 bis 6 Mark.
Am 31 Mai kamen ca. einhundert Kinder aus Bottrop in die Pfarrei. Sie trafen mit einem Sonderzug in Wallmerod ein und wurden in verschiedenen Ortschaften der Pfarrei verteilt Geistliche, Lehrer und Lehrerinnen hatten die Fahrt begleitet und holten die Kinder am 5 Juli wieder ab Einigen gefiel es so gut dass sie noch länger blieben.
In diesem Jahr vielen 35 junge Männer der Pfarrei im Krieg sieben davon aus Guckheim.
1917 starben aus Guckheim im Krieg folgende junge Männer:

Jacob Becker, 1876 -1917
Johann Jung, 1881 - 1917
Adam Gasser, 1886 -1917

In der Pfarrei Salz fielen insgesamt 18 junge Männer in diesem Jahr.
Das Jahr 1918 brachte endlich den langersehnten Frieden. Die deutschen Truppen mussten sich auf rechtsrheinisches Gebiet zurückziehen, und so kamen auch Soldaten für 10 Tage in unsere Pfarrei. Sie wurden zwar freundlich aufgenommen, konnten aber wegen der Lebensmittelknappheit nur unzureichend verpflegt werden.
Sterbebild des Soldaten Jacob Widerstein

In Wörsdorf brannten im November 1918 drei Häuser ab. Dort, wo jetzt die Häuser von Berthold Neu und Toni Kuhl an der Hauptstraße stehen, waren drei Häuser aneinandergebaut. Es handelte sich wohl nicht um Brandstiftung, sondern um einen Unglücksfall, die Bewohner konnten nichts außer ihrem nackten Leben retten

2.7 Die Weimarer Republik

Der Krieg war zwar jetzt zu Ende, das Elend aber ging weiter. Mit dem Krieg waren die traditionellen Werte verloren gegangen. Der Kaiser hatte abgedankt. Die Menschen, denen man erzählt hatte, sie verteidigten das Vaterland, fühlten sich verraten und verkauft zu Recht. Sie hatten ihr Leben und ihre Gesundheit geopfert, alles verloren und mussten sich nun fragen: »Wofür?«
Überall wurden sog. Arbeiter-, Soldaten- oder Bauernräte gebildet. Am 19.9.1919 fanden Wahlen für die Deutsche Nationalversammlung statt. Die Kirche versuchte, den orientierungslosen Menschen einen Halt zu geben. So muss man es auch verstehen, dass sie sich massiv in die Politik einmischte. Kaplan Friedrich Pascher, der Theologiestudent Georg Nilges aus Guckheim, sowie ein Rechtsanwalt aus Montabaur, hielten Wahlreden für die Zentrumspartei in Guckheim, Weltersburg, Salz und Girkenroth. Da die Bürgermeister der von den Amerikanern besetzten Dörfern Bilkheim, Herschbach, Mähren und Molsberg keine Versammlungen erlaubten, wurden sogar Wahlversammlungen in der Kirche abgehalten. Das Zentrum gewann dann auch die meisten Stimmen, aber 98 (von ca. 1550) Wahlberechtigte hatten doch wirklich die Partei »der Weltverbesserer« (die SPD) gewählt! Von diesen »Verführten« kamen 26 aus Guckheim. (Originalaussage der konservativen, kirchlichen Obrigkeit)

Die Besetzung der halben Pfarrei durch die Amerikaner brachte manchen Ärger mit sich. Man brauchte einen Pass, um in die besetzten Gebiete zu kommen. Oben auf dem Stock z.B. war eine Kontrollstation der Amerikaner. Wenn jemand in Mähren, Herschbach oder Bilkheim starb, brauchten die Angehörigen eine Genehmigung für die Überführung zum Friedhof in Salz. Die Zahl der Trauergäste, die mit nach Salz gehen durften, wurde behördlich festgelegt, nur ca. 12 - 15 Angehörige durften mit. Die Kinder konnten nicht zum Kommunionunterricht kommen, die Gläubigen nicht zum Sonntagsgottesdienst. Viele Klagen hörte man auch über das Verhältnis der amerikanischen Truppen zu der weiblichen Bevölkerung, aber Fälle der »schlimmsten Art« kamen nicht vor.

2.71 Pfarrer Georg Nilges

Im Jahre 1920 schrieb Pfarrer Lorenz Müller in die Pfarrchronik:

Ein freudiges Ereignis! Nachdem Herr Georg Nilges von Guckheim am 28. Februar zum Subdiakon und am 20. März zum Diakon geweiht worden war, empfing er am 5. April die Heilige Priesterweihe. Unter freudiger Anteilnahme der gesamten Pfarrei, besonders der Filiale Guckheim, feierte er am 8. April in unserer altehrwürdigen Pfarrkirche seine erste Heilige Messe. Seine erste Anstellung fand derselbe als Kaplan von Elz. Möge dem begabten, redegewandten und eifrigen Jungpriester eine lange, gesegnete Wirksamkeit im Weinberge des Herrn beschieden sein!

Georg Nilges war am 6.6.1891 als erstes Kind der Eheleute Katharina und Matthias Nilges (aus Guckheim) in Wilsenroth im Hause seiner Großeltern mütterlicherseits geboren. Seine Eltern zogen 1897 mit ihren 3 Söhnen in ihr neu erbautes Haus (Welsererhaus, jetzt Hirtenstraße 1) in Guckheim. Georg war sechs Jahre alt und hatte von Anfang an Heimweh nach Wilsenroth. Früh wurde auch die Begabung des Jungen erkannt. Wenn er auf eine weiterführende Schule sollte, musste er nach Hadamar aufs Gymnasium. Also entschloss man sich, Georg in Wilsenroth bei den Großeltern aufwachsen zu lassen, von wo er täglich mit dem Zug nach Hadamar fahren konnte. So kam es, dass der junge Priester, dessen Eltern und Geschwister aus Guckheim stammten, eigentlich ein Wilsenrother war.

Seine beiden Bruder, Johann und Jakob, die wie er in Wilsenroth geboren waren, heirateten auch später wieder dorthin. Sein Bruder Bernhard heiratete nach Salz und hatte zwei Töchter (Metzger Helga, Wellems Maria). Er starb im Alter von nur 33 Jahren. Ein weiterer Bruder, Willi, heiratete eine Frau aus Wilsenroth- Welserer Gretche- und wohnte im Elternhaus in Guckheim. Er hatte drei Töchter (heute: Gisela Jung, Gertrud Eberz, Hildegard Mauer) und starb ebenfalls in jungen Jahren. Seine Schwester Anna heiratete den Bender Philipp aus Guckheim und hatte drei Söhne, die alle drei im Zweiten Weltkrieg gefallen, bzw. gestorben sind. Tochter Maria aus dieser Ehe wohnt in Guckheim und ist verheiratet mit Alwin Becker. Eine weitere Schwester van Georg, Maria, heiratete nach Elbingen.

Die guten Wünsche von Pfarrer Lorenz Müller zur Primiz gingen in Erfüllung. Georg Nilges, der Priester aus Guckheim, der eigentlich gar kein Guckheimer war, hatte ein erfülltes Priesterleben. Am 15.4.1920, also genau eine Woche nach seiner Primizfeier in Salz, traute er seine Cousine in Wilsenroth in der dortigen Kirche. Es wurde wie eine zweite Primiz gefeiert. Die Hauptstation seines priesterlichen Schaffens war die Heilig Kreuz Gemeinde in Frankfurt-Bornheim. Dort wurde er auch zum Geistlichen Rat ernannt, und zwar am 10.04.1955. Seit dem 1.1.1950 war er Dekan des Dekanates Frankfurt-Bornheim.

Er starb am 11. August 1972 in Dernbach, wo er in seinen letzten Lebensjahren bei den Schwestern der »Armen Dienstmägde Christi« gelebt und gewirkt hatte.


2.7	Die Weimarer Republik ...

Die jetzt, zum Beginn der zwanziger Jahre, neueröffneten oder stark erweiterten Tongruben in Guckheim, Willmenrod und Salz boten den Menschen unserer Heimat Arbeit und die Möglichkeit, Geld zu verdienen. Viele arbeiteten auch in den neueröffneten Steinbrüchen, im Remel in Guckheim, im Sengelberg in Salz und im Helzje in Wallmerod. Was eigentlich zum Vorteil der Menschen dienen sollte, brachte aber auch Nachteile mit sich. Die alte Bescheidenheit und Einfachheit, die man überall antrifft, wo alle Menschen gleich arm sind, verschwand immer mehr. Besonders die jungen Leute, die die schwere und gefährliche Arbeit verrichten konnten, hatten plötzlich »viel« Geld, das sie bei den immer häufiger anzutreffenden Tanz- und Saufveranstaltungen ausgeben konnten.

2.7.2 Das Bockfest in Salz

Die älteren Einwohner der Pfarrei erinnern sich noch an das Jahr 1922, als in Salz das Bockfest gefeiert wurde. Pfarrer Müller schrieb:

Der ganze Sommer verlief unter allerlei Festen, wie sie von der Vergnügungssüchtigen Jugend der ganzen Gegend gefeiert wurden. Ein ganz eigenes Fest wurde in Salz gefeiert, wie es wohl noch niemals gefeiert worden ist oder gefeiert werden wird auf Gottes weiter Erde.

Der Einwohner von Roth, Johann Müller, hatte seit 25 Jahren den Gemeindebock zur Pflege. Diese Arbeit verrichtete er sehr pflichtbewusst und war stets gut zu den ihm anvertrauten Tieren. Für diese verdienstvolle Aufgabe wurde ihm vom Landratsamt beziehungsweise von der Landwirtschaftskammer in Wiesbaden ein Diplom ausgehändigt. Natürlich musste diese seltene Ehrung gebührend gefeiert werden. Mit einem Festzug ging es durchs ganze Dorf, Fahnenträger und eine Musikkapelle zogen mit bis in den festlich geschmückten Saal, wo zu Ehren von Bock und Bockhalter ein Konzert mit einem sich anschließenden Ball gehalten wurde. Pfarrer Müller sinnierte in seinem Bericht darüber weiter:
Was mag der im Zug mitgeführte, mit Kränzen und Bändern geschmückte, vom Nachfolger begleitete, alte Bock gedacht haben? Gewiss hat er, wenn er gedacht hat, bei sich ausgerufen: »So etwas ist nur in Salz möglich«!

Da hatte der alte Pfarrer allerdings recht: in Mähren wäre das Bockfest bestimmt nicht möglich gewesen! Die Mährner waren (und sind) empfindlich, wenn man sie bei ihrem Dorfspitznamen Mährner Beck ruft. In den zwanziger Jahren auf der Mährner Kirmes spielten die Musikanten einmal das Lied: »De Jud, de gieht of de Hannel, mit da Gas, mit dem Bock ...« Die Mährner waren so erbost, dass sie die Kapelle aus dem Saal jagten.

Da hatten wir Guckheimer doch mehr Glück rnit unserern Spitznamen:
»Guckemer Bachstelzjer« werden wir genannt.

Girgererer Steinbesser, Welterschburjer Atzele, Haschbicher Wend, all' diese Spitznamen sind weniger vorteilhaft.

2.7 Die Weimarer Republik ...

Doch kommen wir zurück in die harte Wirklichkeit der Goldenen Zwanziger:
Das Jahr 1923 brachte dann die befürchtete Besetzung des Ruhrgebietes und damit eine ansteigende Zahl von Arbeitslosen. Um der Armut entgegenzuwirken, wurden die Leute mit dem Bau von Feld- und Waldwegen, der Regulierung von Wasserläufen oder dem Bauen von Wasserleitungen beschäftigt und mit Reichsgeldern bezahlt. Jedes Jahr zu Martini (11. November) war es üblich, dass die Pächter des Pfarr eigenen Landes oder des Landes der Pfarrgemeinde ihren Pachtzins abgaben. In diesem Jahr war die Inflation aber so stark fortgeschritten, dass der Kirchenvorstand beschloss, pro Rute Land dreiviertel Pfund Korn zu erheben. Dies wurde nur sehr widerwillig von den Pächtern bezahlt - von manchen auch mit minderwertigem Getreide.

Wenn an den Sonntagen während der Messe der Klingelbeutel, oder besser gesagt, die Körbchen, voll von Papierscheinen des Reiches, der Lander, der Städte und Städtchen, der Kreise und Werke waren, konnte damit meist überhaupt nichts angefangen werden. Die Priester gingen dazu über, sich als Stipendium für eine Heilige Messe oder ein Amt, Naturalien geben zu lassen, wie z.B. Milch, Eier oder ähnliches. Zuletzt gab es für eine Billion in Reichsbankscheinen nur noch eine Goldmark. In Salz sollte 1924 die Forstarbeiterstelle neu besetzt werden. Drei der vier Bewerber für diese Stelle waren aber protestantisch. Der Kirchenvorstand und der Pfarrer bestanden auf der Besetzung der Stelle mit dem katholischen Kandidaten. Die Begründung lautete, dass die Bewerber alle ledig seien, die Bewohner (wohl besser die Bewohnerinnen) der Pfarrei aber noch allesamt katholisch. Man sah Kirchlicher Seitz die »Gefahr« einer Mischehe, von denen es »gottlob« nur zwei in der Pfarrei gab.

Das kommende Jahr 1925 brachte die »Demokratie« in die Kirchen, Frauen und Mädchen durften zum ersten Male den Kapellen- bzw. Kirchenvorstand mitwählen. In Salz wurde der Kirchenvorstand, in Herschbach, Mähren und Weltersburg ein Kapellenvorstand gewählt. Das neue Recht wurde aber nicht in Anspruch genommen, die Wahlbeteiligung war außerordentlich gering.

Endlich waren sie wieder da: Arn 25.9.1926 erhielt die Salzer Kirche nicht nur vier neue Glocken, sondern auch noch einen neuen Glockenstuhl dazu. Wer in der Pfarrei hatte damals wohl gedacht, dass diese neuen Glocken keine zwanzig Jahre später schon wieder geopfert werden mussten? An Allerheiligen riefen sie dann das erste Mal die Gläubigen wieder in die Kirche. Manchmal, wenn der Wind günstig stand, konnte man die Glocken bis Guckheim hören, sie waren Christus dem König, dem Hl. Adelphus, dern HI. Josef und der Mutter Maria geweiht.

Im Spätsommer des kommenden Jahres regte sich bei der Jugend in der Pfarrei der Wunsch, sich in einem Verein zusammenzuschließen. Arn 28. Oktober gründeten 66 junge Männer den »Katholischen Jugendverein Christus König«. Nach einer stimmungsvollen Feier in der Salzer Pfarrkirche ging man nach Herschbach zum Sportplatz. Dort fanden Wettspiele statt. Aus Guckheim war niemand in diesem neuen Verein, der sich der Deutschen Jugendkraft anschloss.


Doch wieder zurück in die frühen dreißiger Jahre, als sich viel Unheil in Deutschland zusammenbraute. Im März 1932 wurde ein neuer Reichspräsident gewählt, in Guckheim erhielt Hindenburg 207 Stimmen, 11 waren für Düsterberg, 3 für Thälmann und 12 für Adolf Hitler. Ganz ähnlich waren die Zahlenverhältnisse in den anderen Orten der Pfarrei. Etwas anders sah es dann in Guckheim bei den Reichstagswahlen im März 1933 aus: 187 Wahlberechtigte wählten das Zentrum, 13 die Kommunisten, 10 die Sozialisten und 47 die Nationalsozialisten. Auch hier war das Wahlergebnis wie in den anderen Orten unserer Pfarrei. Schon Anfang der dreißiger Jahre hatte Kaplan Gotthardt mit Billigung bzw. auf ausdrücklichen Wunsch von Pfarrer Müller versucht, die Wahlversammlungen der Nationalsozialisten zu stören. Das war ihm auch teilweise gelungen, aber die Wahlergebnisse bereiteten dem alten Pfarrer große Sorgen. 
Pfarrer Lorenz Müller war nun seit mehr als 40 Jahren im Dienste der Pfarrei. Sein gesamtes Priester leben hatte er hier verbracht. Als Kaplan und als Pfarrer hatte er gute und schlechte Zeiten hier gehabt und ganze Generationen aufwachsen und sterben sehen. Er war zum Geistlichen Rat ernannt und leitete als Dekan seit Jahrzehnten das Dekanat Meudt. Am 1. April 1934 trat er in den wohlverdienten Ruhestand. Sein Nachfolger wurde Friedrich Maria Pascher. Dieser Pfarrer ist wohl jedem Guckheimer noch bekannt, sogar die jüngeren Dorfbewohner haben bestimmt schon von ihm gehört.

2.8 Das Dritte Reich und seine stillen Heiden unter uns

Wie schon beschrieben, war die Kirche sehr besorgt über die Machtübernahme der Nationalsozialisten. Pfarrer Pascher hatte von Anfang an mit ihnen zu kämpfen und focht einen stillen, aber zähen Kampf gegen die neuen Machthaber. Dieser Kampf war nicht immer erfolgreich, gab aber vielen Gegnern des Dritten Reiches die Gelegenheit zum stillen Widerstand.
Wir Jüngeren, die wir diese Zeit nur aus Erzählungen, Filmen oder Büchern kennen, können uns kein, wie auch immer geartetes, moralisches Urteil über das Verhalten unserer Eltern oder Großeltern in dieser Zeit erlauben. Als ich aber jetzt bei den Nachforschungen für dieses Buch auf die Berichte über Pfarrer Pascher in dieser Zeit stieß, erkannte ich, dass er den neuen Mächten manchen Stein in den Weg gelegt und sich und seine geliebte Kirche konsequent als Alternative angeboten hatte. Vielleicht war das nicht das einzige, was er hatte tun können, aber das tat er und wurde dadurch so ungeheuer wichtig für seine Zeit und für unsere Pfarrei.
Als erstes gelang es ihm, die religiöse Gruppenarbeit wieder neu zu beleben. Nachdem die DJK, die Deutsche Jugendkraft, von den Nationalsozialisten verboten worden war, hofften diese, dass die jungen Leute sich alle in der Hitlerjugend und im Bund deutscher Mädchen organisieren ließen. In der Pfarrei gelang es aber, die Jungschar für die Schuljungen und die Frohschar für die Schulmädchen zu gründen. Der Mütterverein hatte über 400 Mitglieder, die jungen Mädchen waren im Marienverein. Während die Kinder und jungen Leute in anderen Orten als einzige Möglichkeit der Gemeinsamkeit die Hitlerjugend hatten, konnten die Eltern in unserer Pfarrei ihre Kinder in die kirchliche Jugendgruppen schicken. Und viele Eltern nahmen dieses Angebot dankbar an..
Dr. Karl Ortseifen beschreibt in seinem Aufsatz, anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums der Reiterprozession 1984, folgende Situation:

Als Pfarrer Pascher unmittelbar nach Übernahme der Pfarrei Salz im Mai 1934 an die Einrichtung einer Erntedankprozession nach St. Leonhard dachte, hatten ihm die zeitgenössische Entwicklung und damit zusammenhangende lokale Ereignisse den direkten Anstoß geliefert. Er hatte die Absicht, den im Jahr zuvor von den NS-Stellen organisierten Erntedankumzug in kirchliche Hand zu nehmen und ihm eine religiöse Ausprägung zu geben. Dabei schwebte ihm eine Pferdeprozession in der Art des Niederbrechener Pfingstrittes vor, den
Dr. Ferdinand Dirichs, der spätere Bischof von Limburg, ins Leben gerufen hatte. Die Verbindung beider Elemente führte zur Form der Reiterprozession als Erntedankfeier. Doch lassen sich in der Brot- und Tiersegnung sowie in der Pferdefütterung mit gesegnetem Brot auch Anklänge an die süddeutschen Leonhardsritte feststellen. Insofern besteht auch eine geistige Verbindung zu alten Formen der Verehrung dieses Bauernheiligen. Die NS-Behörden gaben 1934 die Erlaubnis zur Prozession, stellten aber die Bedingung, dass die NS-Reiterstaffel daran teilnehme. Pfarrer Pascher stimmte wider Erwarten den Behörden zu in der Hoffnung, auf diese Weise den kirchlichen Charakter des Erntedankfestes und des Umrittes zu erhalten.

Soweit die Ausführungen von Dr. Karl Ortseifen. Karl Jung aus Guckheim fügte diesen folgendes noch hinzu: Die NS-Reiterstaffel wurde angeführt »vom Stetter«, der Verwalter des Grafen Walderdorff auf Hof Westert war. Die Reiterstaffel war uniformiert und hatte die Hakenkreuzfahnen dabei. Sie ritten in stolzer Formation. Sie stellten sich auf dem Weg nach Weltersburg in einer Reihe auf. Als die Pferde mit Weihwasser gesegnet wurden, segnete Pfarrer Pascher auch »den Stetter« gründlich mit. Die Quittung dafür erhielt er im folgenden Jahr, als die Prozession eine Stunde vor Beginn von den Behörden untersagt wurde und auch in späteren Jahren nicht mehr erlaubt wurde, bis 1945.

Als der NS-Reitersturm gegründet wurde, suchten die Nationalsozialisten überall Mitglieder. In Guckheim gab es zu dieser Zeit den Schellemaa Matthias Schmidt, Hannlepse Matthias. Er hatte ein Schellebuch, aus dem er die Verlautbarungen vorlas. (Diese Art der amtlichen und sonstigen Mitteilungen gab es noch bis 1972, dem Gründungsjahr der Verbandsgemeinde; der letzte Schellemaa war Kasersch Don.) Jedenfalls hatte der damalige Bürgermeister Wüst auf Anordnung des Kreisleiters folgenden Satz für den Matthias aufgeschrieben: »Pferdebesitzende Jungbauern sollen sich melden für den NS-Reitersturm«. Der Matthias  aus welchen Gründen auch immer  las aber: »Sitzengebliebene Jungfrauen sollen sich melden für den NS-Reitersturm.« Der Matthias bekam daraufhin Ärger mit dem Bürgermeister, der sich vor dem Kreisleiter verantworten musste.

Im Jahr 1936 spitzte sich die Lage in Salz im Pfarrhaus erstmals zu. Es wurde von staatlicher Seite erzwungen, dass die Hakenkreuzfahne bei weltlichen Gelegenheiten auch vom Kirchturm wehen sollte. Kaplan Reuter wurde wegen Flaggenverweigerung angezeigt, weil er veranlasst haben sollte, in Mähren auf einem Mast neben der Kirche zu flaggen. Der Pfarrer wurde ebenfalls angezeigt. Ihm wurde vorgeworfen, einen verbotenen Gewerbebetrieb zu unterhalten, weil er in der Kirche religiöse Schriften verkauft hatte. Das Verfahren gegen den Kaplan wurde niedergeschlagen, Pfarrer Pascher erhielt eine Vorladung auf das Amtsgericht. Dann fiel die Sache unter eine Amnestie. Die Situation machte ihm aber keine Angst, sondern war im Gegenteil ein Anlass zur Freude. Er schrieb: Seit Menschengedenken war das kirchliche Leben nie so blühend wie jetzt. Ein Zeichen der Osterstimmung in unserer Pfarrei ist die tatkräftige Unterstützung bei der Caritashaussammlung und die Bedenkung des Klingelbeutels in der Zeit, da wir die Kirchenheizung nutzen. Diese Heizung war 1937 erstmals in Betrieb genommen worden. Man hatte Pfarrer Pascher und seinem Kaplan Anton Ungeheuer die Lehrerlaubnis für den Religionsunterricht in der Schule entzogen. Dies geschah lange vor der allgemeinen Ausweisung der Priester aus den Schulen, weil der Pfarrer der schriftlichen Verpflichtung auf den Führer, die alle Lehrpersonen unterschreiben mussten, die Worte hinzugefugt hatte: »vorbehaltlich meiner Gewissensfreiheit«. Man richtete es so ein, dass die Kinder nachmittags in St. Leonhard oder in der Pfarrkirche Religionsunterricht hatten. Der Besuch dieses freiwilligen Unterrichtes war außerordentlich gut, die Kinder der Pfarrei waren fast vollzählig. Dadurch wurde die Heizung in der Kirche so wichtig, und der Pfarrer war der Bevölkerung dankbar für die finanzielle Unterstützung. Als die Caritashaussammlung von staatlicher Seite verboten wurde, wurde die Kollekte über den Klingelbeutel abgehalten und brachte 100 Mark mehr als im Jahr davor.
Es muss im Jahre 1935 oder 36 gewesen sein, als die Propaganda in Guckheim auf das Wiegehäuschen bei der Schule den Satz schrieb: Deutsche Jugend erwache! Ein paar Jugendliche nahmen die Aufforderung wörtlich, ihr Widerspruchsgeist erwachte, und sie formulierten bei Nacht und Nebel den Satz um:

Deutsche Juden erwachet!

Diese Aktion hatte bei den jungen Leuten ein böses Erwachen hervorrufen können, aber die Sache wurde vertuscht. Jeder im Dorf hatte das Pamphlet gesehen, aber nichts geschah. Auch diese vernünftige Reaktion auf einen Jungenstreich war in der damaligen Zeit nicht selbstverständlich.
Bei den Osterkommunionen wurden Bildchen verteilt, auf deren Rückseite verschiedene Ablassgebete gedruckt waren. »Ablässe« hatten in der Kirche eine lange Tradition. In der Frühkirche konnte einem Sunder nur zweimal im Leben Vergebung erteilt werden. Einmal bei der Taufe (für die Erbsünde), einmal bei der Letzten Ölung.
(Das war schlecht für denjenigen, der wieder gesund wurde und somit die Gelegenheit zu einer erneuten Sünde hatte.)

Im Mittelalter wurden dann die Ablässe eingeführt. Es gab sogar Ablass Bücher. In diesen war dann für das entsprechende Vergehen die passende Buße angegeben. War man z.B. der Sünde der Völlerei verfallen, musste man einen Tag fasten. Daraus entwickelten sich die Ablassgebete, die zuerst einmal jeder für sich selbst betete. Später konnte man auch Ablässe für Verstorbene erhalten. Als man dann die Ablässe sogar kaufen konnte, war der schwunghafte Ablasshandel wohl letztlich der Auslöser für die Reformation Martin Luthers.

Bei jedem Besuch der Kirche konnte man einen Ablass »gewinnen«, betete man also ein Ablassgebet, ging einmal um die Kirche herum und wieder hinein, hatte man noch einen (gewonnen). Ob man so mit dem lieben Gott handeln kann? Ob man so mit ihm »rechnen« kann? Jedenfalls ist diese Art der Buße heute nicht mehr gebräuchlich.

Am 28.5.1938 starb Pfarrer Lorenz Müller in Montabaur, wo er seine letzten Lebensjahre verbracht hatte. Die Pfarrangehörigen waren sehr traurig, dass die Geschwister von Pfarrer Müller ihn in Montabaur beerdigen ließen, sie hatten gehofft, er wurde auf dem Friedhof in Salz seine letzte Ruhe finden.

In der Fastenzeit 1938 war in Salz eine Familienwoche, die ein voller Erfolg wurde. Es gingen 5500 Gläubige zur Kommunion. »Besonders ergreifend war die Kommunion der Elternpaare. Die für die Kirche so harte Zeit bringt ihr aber umso mehr die Liebe der Treuen.« 1938 wurde auch der Katholische Jungmännerverband als »staatsfeindlich« eingestuft und aufgelöst. Die Kasse wurde mit einer Mark »Vermögen« des Verbandes beim Kaplan beschlagnahmt.

Alles, was bisher geschah, waren kleine Schritte, kleine Nadelstiche gegen das Regime. Im Mai 1939 kam Kaplan Josef Hartung in die Pfarrei. Er sollte die Trumpfkarte werden, die Pfarrer Pascher sehr geschickt einsetzte, vor allem gegen die Propaganda der Nationalsozialisten. Kaplan Josef Hartung versah seinen Dienst mit einem Motorrad. Wo immer er mit seiner Maschine auftauchte, stand er im Mittelpunkt der Jugendlichen. Gern war er bereit, die jungen Leute auf eine Spritztour mitzunehmen. War das ein Spaß, mit dem Kaplan ein paar Kilometer durch die Gegend zu brausen und was wurde man bei den anderen darum beneidet. Schnell hatte der junge Kaplan sich die Nazis zu erbitterten Feinden gemacht. Wenn irgendwo die Hitlerjugend exerzierte, fuhr er mit seinem Motorrad dorthin. Die Jungs ließen dann den HJ-Führer stehen, scharten sich um Kaplan und Maschine, und bald durfte jeder mit dem Geistlichen ein paar Runden drehen. Das war natürlich viel besser als das blödsinnige Exerzieren auf dem Sportplatz! Auch seine Predigten wurden eifrig gehört besonders von der Gestapo.

Eine andere Alternative, die die Pfarrei anbot, waren die Heimabende der Jungmänner und Mädchen. An diesen Abenden erzählte dann Pfarrer Pascher seine legendären Gespenstergeschichten. Die Angewohnheit, die jungen Leute mit diesen Geschichten zu unterhalten, behielt er bis ins hohe Alter bei. Wer aus der Pfarrei kennt nicht die wohligen Schauer, wenn er in verdunkeltem Zimmer zum Höhepunkt einer Geschichte ausholte, oder als Krönung einer Gruppenstunde mit den jungen Leuten auf den Kirchturm stieg? Wer war nicht voller Stolz, wenn er eine Mutprobe im Giebel der Kirche bestanden hatte? Jeder, der als junger Mensch mit ihm zu tun hatte, kann sich daran erinnern, gebannt au£ den kleinen Geistlichen gestarrt und mit offenem Mund das Ende einer Gespenstergeschichte herbeigesehnt zu haben. Eine dieser Geschichten muss in diese Chronik, sonst wäre das Buch nicht vollständig. Karl Jung erinnerte sich, dass Pfarrer Pascher sie an einem der Heimabende erzählte:

2.8.1 Der Schneidezahn
erzählt von Karl Jung
aufgeschrieben von Barbara Krekel

Pfarrer Pascher bereitete seine Predigten immer sehr sorgfältig vor. Einmal, es war schon spät am Samstagabend, fielen ihm nicht die richtigen Worte ein. Deshalb ging er ein wenig über den Kirchhof. Es war stockdunkel und in der Finsternis hörte er so manche arme Seele stöhnen. Plötzlich leuchtete etwas im Dunkel auf einem der Gräber. Er bückte sich danach und fand einen Schneidezahn. Ganz in Gedanken steckte er ihn in seine rechte Westentasche zu der Taschenuhr. Bei jedem Schritt hörte man jetzt ein feines Klicken. Und tatsächlich auch bei dem Geistlichen machte es endlich »Klick« und er hatte das Thema für die Sonntagspredigt im Kopf. Schnell ging er in sein Zimmer und fing an zu schreiben. Plötzlich klopfte es an sein Fenster im zweiten Stock des Pfarrhauses. Erschrocken blickte er von seiner Arbeit auf und sah ein Skelett! Dieses drohte ihm mit dem Zeigefinger und der Geist zeigte auf seine Zahnlücke. Da wusste der Pfarrer, wem der Zahn gehörte, steckte ihn nun in die linke Westentasche und ging mit klopfendem Herzen wieder auf den Friedhof. Dort drückte er den Zahn tief in die Erde des Grabes, wo er ihn gefunden hatte. Da ein Brausen ging durch die Bäume des alten Kirchhofes, das Gespenst erschien wieder, direkt hinter seinem Grabstein und zeigte lachend sein vollständiges Gebiss. Noch ein Brausen und der Spuk war vorbei.

2.8 Das Dritte Reich ...

Natürlich konnten der Pfarrer und sein Kaplan die jungen Leute mit diesem Engagement für ihre Sache begeistern und die Hitlerjugend wurde demgegenüber bedeutungslos. Der Bund deutscher Mädchen hatte in der ganzen Pfarrei 18 Mitglieder, keines in Guckheim. Das Bild in der Hitlerjugend war ähnlich, die meisten Jungs waren nur in der Pflicht HJ Infolgedessen kamen die Führer meist aus den umliegenden Ortschaften. Pfarrer Pascher schrieb: »Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die Staatsjugend in der Pfarrei, mindestens in ihrem ideellen Erfolg, ein vollständiges Fiasko erlebt hat. In Herschbach wurden die dorthin geschickten Führerinnen des BDM unter Hohn und Spott aus dem Dorf gejagt. Im Übrigen wurde in allen Ortschaften, auch in Girkenroth, stille Sabotage betrieben.«

Aber vorerst hatte man eine neue, große Sorge. Pfarrer Pascher schrieb:
»Ein schlimmes Ereignis brach über uns herein, der Krieg. Im Oktober starb als erstes Opfer des Krieges Walter Göbel aus Weltersburg an einer Granatverletzung in Trier. Er konnte auf dem Heimatfriedhof feierlich beerdigt werden.«

Wenn die schlimme Nachricht nach Hause kam, dass ein Soldat gefallen war, wurde ein Sarg in Salz beim Sonntagsgottesdienst, bedeckt mit einem schwarzen Tuch und Kränzen, aufgestellt und des Toten während dieser Messe gedacht. In diesem fürchterlichen Krieg, dem Zweiten Weltkrieg, starben 35 junge Menschen aus Guckheim, viele wurden schwerstverletzt. Kaum eine Familie gab es in unserem, wie in allen anderen Orten, die nicht einen Sohn, einen Bruder, einen Ehemann verlor. Der jüngste Gefallene war Erich Hannappel, der 1945 fiel und 17 Jahre »alt« wurde. So viele Menschen , so viele Schicksale. 35 junge Männer verloren ihr Leben in einem verbrecherischem Krieg. Sie sollten nicht vergessen werden. Sie sollten uns mahnen. Nie wieder dürfen wir zulassen dass Junge Menschen für >>das Vaterland,<< für Ideologien, für Großmanns- und Profilierungssucht irgendwelcher Politiker in Kriege gezwungen werden und sterben. Dafür stehen hier ihre Namen, damit nicht alles sinnlos war.


2.9 Die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges:
Besonders tragisch war auch das Schicksal von Josef Neu. Er war 1890 geboren, verheiratet und Vater von mehreren Kindern. Als er im März 1945 mit Josef Fasel (Baldese Jusep) hinter den Rothenberg ging, um dort seiner Feldarbeit nachzugehen, sahen die beiden in der Mährner Sandkaut amerikanische Soldaten. De Baldese ging zurück in den Wald, Zeise Josef wurde auf der Wiese erschossen. Er war das älteste Opfer des Zweiten Weltkrieges in Guckheim.

Aber auch das Leben daheim wurde gefährlich. In Westerburg, Salz, Girkenroth gingen Bomben nieder, die zum Teil schwere Schäden verursachten. Aus Tieffliegern heraus wurde auf Autos, Menschen, sogar auf bäuerliche Fuhrwerke geschossen. Auch der Kirchgang wurde gefährlich. Deswegen wurden die Messen auf den frühen Morgen vorverlegt. Im Schutze der winterlichen Dunkelheit konnten die Gläubigen dann einigermaßen gefahrlos nach Salz gehen. Doch nicht nur feindliche Mächte machten den Menschen zu schaffen, auch die eigenen Machthaber erschwerten ihnen das Leben. Der kirchliche Kindergarten und die Nähschule im Schwesternhaus in Salz wurden im August 1941 geschlossen bzw. beschlagnahmt. Der Bürgermeister, Matthias Ortseifen, der sich weigerte, die Aktion durchzuführen, wurde vorübergehend abgesetzt und aus der Partei ausgeschlossen. (Hut ab vor so viel Zivil Courage!) Vorher hatte der Kindergarten etwa 60 Kinder zu betreuen, nach der Übernahme als NSV-Garten nur noch ein einziges. Nach etwa einem Jahr fanden sich bis zum Schluss 1945 durch schnittlich fünf Kinder ein. Auch dieses Verhalten der Bevölkerung war ein Zeichen des stillen Widerstandes.
Kaplan Hartung wurde wegen seiner Jugendarbeit und seiner Predigten fünfmal von der Geheimen Staatspolizei verhört. Als er in einer Predigt sagte, man solle Gott aus dem Spiel lassen, um den sich z.B. im Frieden nur 17% einer Köllner Pfarrei gekümmert hätten (es war wohl der geringe Gottesdienstbesuch gemeint), wurde er wieder angezeigt. Die Gestapo durchsuchte das Pfarrhaus, konnte aber nichts Sicheres gegen ihn herausbringen. Daraufhin wurde er zur Zahlung eines Sicherheitsgeldes in Höhe von 2000 Mark für »zukünftige Verstöße« verurteilt. 
Jetzt waren in jedem Sonntagsgottesdienst ein paar Herren, die in langen Mänteln an der Treppe standen und aufmerksam den Worten des jungen Kaplans lauschten, die sie sogar notierten. Kaplan Hartung begrüßte sie jedes Mal ausdrücklich:
»Wir haben heute wieder Besuch. Zeigen wir den Herren, wie in Salz Gottesdienst gefeiert wird«.
Aber sie konnten ihm nichts mehr anhängen. Als die Pfarrangehörigen dem Kaplan Hartung die 2000 Mark, die er benötigte, schenkten, wurde er verhaftet wegen Übertretung des Sammelgesetzes. Jetzt hatten sie ihn endlich. Er war von Juli bis Dezember 1944 im Polizeigefängnis in Frankfurt, anschließend bis April 1945 in Dachau.
Die einzelnen Gemeinden der Pfarrei hielten für ihn Andachten und beteten für ihn. Auch daran nahm die Polizei Anstoß und zog Pfarrer Pascher noch zweimal zum Verhör nach Limburg. Inzwischen hatten Männer und Frauen Schritte für den Kaplan unternommen, leider ohne Erfolg.

Während der gesamten NS-Zeit versuchte Pfarrer Pascher wichtige Positionen des dörflichen Zusammenlebens mit »seinen« Leuten zu besetzen. Wenn irgendwo in der Pfarrei ein Posten vergeben wurde, ging er zu Leuten, denen er vertraute und bat sie, diese Stelle zu besetzen. Manchmal mussten die Bewerber dafür sogar in die Partei eintreten. Das war für sie nicht ganz ungefährlich besonders nach dem Krieg. Wie sollten sie jetzt erklären, warum sie bei den Nazis mitgemacht hatten, ohne dass ihre Erklärungen als Ausrede aufgefasst wurden?

Nach dem Krieg mussten alle Pfarrer einen Bericht über die Zeit des Dritten Reiches an ihren Bischof schreiben. Darin resümierte Pfarrer Pascher:

Der Gesamteindruck ist folgender: Von Anfang bis zum Schluss Ablehnung des Nationalsozialismus und des Krieges von der erdrückenden Mehrheit der 3000 Seelen zählenden Bevölkerung. Die Wahlergebnisse wurden wie überall großzügig gefälscht. Propaganda, Feigheit und Schwache, auch stellenweise Strebertum, haben manchmal, besonders im Anfang, die Geister verwirrt und beeinflusst.

Diesen Erklärungen haben wir, die wir diese Zeit nicht aus eigenem Erleben kennen, nichts anzumerken. Doch lassen wir noch. einige Betroffene zu Wort kommen. Mein Vater wurde 1915 geboren. Er war vom ersten bis zum letzten Tag in diesem Krieg. Er war 24 Jahre alt, als der Krieg begann und wurde 30 Jahre, als er vorüber war. Er hat unvorstellbar viel Elend gesehen und wurde schwer verwundet. Von ihm habe ich die Abscheu vor Kriegen gelernt. So wie er wurde seine ganze Generation um ihre Jugend betrogen und musste viel Leid ertragen. Karl Jung, der in Stalingrad ein Bein verloren hat, beschreibt in einem Aufsatz diese Zeit aus seiner Sicht. Daraus wird im Folgenden auszugsweise zitiert.

2.9.1 Kriegserlebnisse
Vom Westwall bis nach Stalingrad
Aufgeschrieben von Karl Jung

Am 30.8.1939 wurde ich zur Wehrmacht nach Darmstadt eingezogen. Hier wurde ich als Fernsprecher und Funker ausgebildet.

Am 5.2.1940 wurde meine Ausbildung in Ostrowo, Polen fortgesetzt. Von dort ging es Anfang Mai 1940 zur Fronttruppe an den Westwall. Nach dem Waffenstillstand mit Frankreich ging es über Wien, durch die Tschechoslowakei nach Zamocz in Polen. Der Russlandfeldzug begann. Ich wurde als Fernsprecher zur vorgeschobenen Beobachtungsstelle eingeteilt. Mit der Kabeltrommel auf dem Rücken ging es durch den großen Wald zu den Infanteriestellungen.

16. bis 18.7.1941: Schwere Kämpfe um das Dorf Katharinowka. Abends traf ich Alois Kloft und Franz Neu, zwei Männer aus meinem Heimatdorf. Wir hatten uns ein angenehmeres Wiedersehen gewünscht. Wir konnten uns nur einige Minuten unterhalten und mussten zurück in unsere Stellungen. Am folgenden Tag wurde Katharinowka unter hohen Verlusten genommen. Später erfuhr ich von zu Hause, dass Franz Neu und Alois Kloft hier gefallen waren.
Im folgenden beschreibt Karl Jung den qualvollen und verlustreichen Marsch durch Russland. Immer wieder musste er mit seinen Kameraden die durchschossenen Kabel flicken, das Funkgerät wurde mehrmals beschädigt. Der Verlust an Material schien für die Vorgesetzten oft schlimmer zu sein als der Verlust von Menschenleben.

Am 15.10.42: Stadtrand von Stalingrad erreicht. Batterie ging in Stellung, sofortiger Einsatz, Feuerkommandos, Bunkerbau, starkes russisches Feuer. In einem russischen Deckungsgraben hatte ich das Funkgerat aufgebaut, Verbindung mit der Feuerstellung. Am Ende des Grabens, etwa fünf Meter von mir entfernt, ein Erdloch, ein mit Geröll versperrter russischer Unterstand. Wir lagen schon eine Stunde in diesem Graben und ahnten nicht die Gefahr, in der wir uns befanden. Mit zerschossenem Funkgerät ging es zurück in die Geschützstellung. Wieder nach vorn mit neuem Gerät. Jetzt ging Hermann Wirth aus meinem Nachbarort Meudt mit. Wir mussten jeden Tag mehrmals auf Störungssuche durch das Minenfeld am Bahndamm. Jeden Tag das Gleiche: Bomben, Granaten, krachen, bersten, MG Feuer, Granatwerfer, Flammenwerfer, Rauchsäulen, Gestank, Schreie, Kommandos, Hunger, Durst, Kalte, Dreck, Schweiß, Läuse, laufen, springen, hinwerfen, fluchen, beten, müde, schlafen, Tote, Verwundete. Das war unser Leben war es noch ein Leben? Ein Tag verlief wie der andere. Wir kamen nicht zur Ruhe, wir waren ausgelaugt und abgestumpft.

9. November 1942: Im kalten Morgengrauen flicken Hermann und ich immer wieder zerschossene Kabelstücke zusammen. Wir müssen durch das Minenfeld am Bahndamm. Da eine starke Detonation. Ich werde im Laufen zu Boden geschleudert und liege im Dreck. Mein Mantel und die Uniformhose sind zerfetzt. Der linke Fuß ist bis zur Wade abgerissen. Blut schießt stoßweise aus den Adern. Blut am rechten Fuß an den Händen, im Gesicht. Schmerzen - geschockt - ein Krüppel, Angst-Todesangst! Ich bin noch jung, mit 22 Jahren will ich noch nicht sterben. Hermann kommt zu mir, er hilft mir. Er schleift mich eine Strecke bis zu einer Infanteriestellung . Ohne ihn wäre ich verblutet.
Nach abenteuerlichen Lazarettaufenthalten und Fahrten in verlausten Zügen mit großen Schmerzen kam Karl Jung im Sommer 1943 nach Limburg in die Marienschule, die damals »Hans-Schemm- Schule« hieß und als Lazarett eingerichtet war. Im Herbst wurde er in das Lazarett nach Bendorf-Sayn verlegt. Nachdem er mit einer Beinprothese versorgt war, kam er am 20.7.1944 nach Hause. Seine beiden älteren Bruder Josef und Paul fielen beide 1944.

Zum Schluss seines Aufsatzes schreibt Karl Jung: Ich hatte den Krieg lebend überstanden. Gott sei Dank! In dieser Kriegszeit hatte ich als Soldat eigentlich nichts Besonderes oder Außergewöhnliches geleistet. Jeder hatte in diesem Krieg Furchtbares und Schreckliches erlebt. Die Jugendjahre mussten wir dem NS-Staat auf den Schlachtfeldern opfern und konnten uns diesem Befehl nicht entziehen. Für die größenwahnsinnige Idee der deutschen
Nazi-Regierung mussten Millionen Menschen ihr Leben lassen. Gott gebe, dass der heutigen Jugend und allen Menschen solches in Zukunft erspart bleibt.

Die Kriegserlebnisse von Karl Jung stehen hier stellvertretend für die vielen Geschichten, die jeder Guckheimer Kriegsteilnehmer erzählen konnte. Sie stehen auch deswegen hier, weil die Generation unserer Vater und Großvater bald nicht mehr von dieser schrecklichen Zeit erzählen kann. Viele Wehrmachtssoldaten waren so tief getroffen durch die Vorgänge in dieser Zeit, dass sie erst spät angefangen haben, uns von ihren Erlebnissen zu berichten. Umso wichtiger ist es, die Warnungen der Alten zu verstehen und zu bewahren.

2.10 Kriegsende und die arme Zeit danach

In der Karwoche 1945 kamen die Amerikaner mit Panzern über die Bundesstraße in den Westerwald. In Wallmerod teilten sie sich auf, ein Teil fuhr über Molsberg nach Thalheim, die anderen über Herschbach, Guckheim nach Westerburg. In Guckheim kam es zu Übergriffen von betrunkenen Soldaten auf einige Frauen, es handelte sich in der Hauptsache um Evakuierte aus Frankfurt. Überall hingen weiße Fahnen aus den Fenstern. In der Steinkaut hatten die amerikanischen Soldaten ihr »Hauptquartier«. Nachdem sie in Guckheim die Häuser durchsucht hatten, feierten sie dort. Im allgemeinen verhielten sich die Besatzungssoldaten aber diszipliniert und vernünftig.

Schon an Ostern konnte Pfarrer Pascher in Guckheim auf dem Rothenberg, sowie in Mähren und Weltersburg Gottesdienste zelebrieren. Der Weiße Sonntag konnte allerdings nicht gefeiert werden, die Kinder gingen an Christi Himmelfahrt zur ersten heiligen Kommunion. Im Sommer übergaben dann die Amerikaner unsere Heimat an die Franzosen, wir lebten fortan in der französischen Zone. Als am Sonntag nach Michaelis wieder das Erntedankfest gefeiert werden sollte, wollten die Besatzer dies' nicht erlauben. Pfarrer Pascher beschwerte sich daraufhin:
»Bei den Nazis durften wir das Erntedankfest nicht abhalten und jetzt, wo die Befreier da sind, wollt Ihr uns schon wieder an unserer Glaubensausübung hindern!« Daraufhin wurde die Feier erlaubt.

Am 1. April 1946 verließ Kaplan Hartung die Pfarrei, um eine Stelle in Wetzlar anzunehmen. Die dortige Pfarrei war von 9000 auf 25000 Katholiken gewachsen, und zwar durch die Zuwanderung von Flüchtlingen. 15 Millionen Menschen aus dem Osten kamen in dieser Zeit in das arbeitslose und hungernde Restdeutschland. Konnte man nach dem Ersten Weltkrieg von einem Verfall der Werte sprechen, so war nun gar nichts mehr so wie es früher war. Pfarrer Pascher schrieb: In Russland hungern noch Millionen deutscher Kriegsgefangener. Nur die ganz Kranken lassen sie zerlumpt heimkommen. Die seelische und sittliche Not des Volkes ist unbeschreiblich. Die 10 Gebote gelten nicht mehr. Es wird gestohlen und betrogen, gewuchert und gehamstert wie noch nie. Ein Wort geht rund:
»Wer 1947 nicht verreckt und 1948 alles gut versteckt, kann 1949 essen, was ihm schmeckt - weil dann nämlich alle Mitesser tot sind«.

Am Fronleichnamstag 1947 versammelten sich die Einwohner von Guckheim auf Einladung von Pfarrer Pascher auf dem Rothenberg, um über den Neu bzw. Umbau der Kapelle zu beraten. Die alte Kapelle war dringend reparaturbedürftig, und es war ein Guthaben in Hohe von 6000,-- Reichsmark vorhanden, das noch vor der Währungsreform zweckmäßig angelegt werden sollte. Es handelte sich dabei um Opfergeld, das von Johann Becker bis zu seinem Tod verwaltet wurde. Die Pfarrkirche in Salz war für die Große Pfarrei zu klein und sollte im Laufe der kommenden Jahre durch einen Kirchenneubau in Weltersburg entlastet werden. Von Seiten des Bistums waren daher keine finanziellen Mittel für unseren Kapellenneubau zu erwarten. Die Bauarbeiten konnten vorerst nur unter dem Decknamen »Kapellenumbau« begonnen werden. Die Finanzierung des Bauvorhabens musste durch eigene Mittel (Haussammlungen, Theaterspielen, etc.) sichergestellt werden.

Ein Kapellenverein wurde gegründet und folgende Personen in den von Pfarrer Pascher geführten Vorstand berufen:

2.10.1 Die alte Kapelle auf dem Rothenberg
von Karl Jung

Unsere Vorfahren haben sich einen landschaftlich schönen Platz zur Verehrung der Gottesmutter ausgewählt. Mitten aus den grünen Wiesen des Elbbachtales steigen die bewaldeten Hänge des Rothenbergs an. Bis zum Jahre 1949 stand hier auf dem Gipfel eine kleine Kapelle, die der Gottesmutter Maria geweiht war.
Wie sah die Kapelle auf dem Rothenberg, die trotz ihrer Schlichtheit so gerne aufgesucht wurde, nun aus? Sie hatte ihren Standort auf dem jetzigen Vorplatz, ca. 2 Meter von der linken Eingangstüre der neuen Kapelle (Südecke), etwa 2,50 Meter höher als das Gelände heute verläuft. Die Ausmaße waren wie folgt: Länge ca. 6 Meter, Breite ca. 4 Meter, Traufen Höhe ca. 3 Meter und Firsthöhe ca. 5 Meter. Sie hatte die gleiche Standrichtung wie die neue Kapelle. Im Innern war die Kapelle etwa 20 qm groß und bot für ca. 20 Personen Platz. An den Wänden hingen in großer Zahl Heiligenbilder, einige Danktafeln und ein Paar Krücken. Auf dem reich mit Blumen und Kerzen geschmückten Altartisch, durch eine Glaswand abgetrennt, stand das Heiligtum vorn Rothenberg, die Muttergottesstatue. In früheren Jahren muss wahrscheinlich eine künstlerisch wertvollere Statue hier gestanden haben. Sie wurde später auf dem Dachboden entdeckt. Seit den Kriegswirren aber ist sie nicht mehr auffindbar.

Wann die alte Kapelle erbaut wurde, konnte nicht mehr festgestellt werden. Die Bauform ließ erkennen, dass sie in zwei Bauabschnitten errichtet wurde. Bei den Abrissarbeiten fand man einen Stein, in den die Jahreszahl 1771 eingemeißelt war. Vermutlich wurde zu dieser Zeit ein Um- oder Anbau an der Kapelle vorgenommen.
Unter dem Fundament der alten Kapelle befand sich eine Tonscherbenschicht von ca. 5 cm Dichte und 4 - 5 qm Große. Durch eine Untersuchung konnte festgestellt werden, dass die Scherben aus der Zeit um 1000 n. Christi stammten. Durch alle Generationen hindurch haben die Menschen der schlichten Kapelle ihre besondere Verehrung erwiesen. Hier fühlten sich die Gläubigen geborgen und dem Herrgott nahe. Vornehmlich in den Monaten Mai und Oktober war die Kapelle das Ziel zahlreicher Pilger.
Besondere Verdienste um den Rothenberg haben sich Dekan Schäfer, Kölbingen-Möllingen und Pfarrer Pascher aus Salz erworben. Sie haben die Gläubigen im Ober- und Unterkirchspiel während des Dritten Reiches immer wieder zur Marienverehrung aufgerufen. Unter ihrer Leitung zogen die Gläubigen beider Pfarreien an den Sonn- und Feiertagen des Maimonats auf den Rothenberg, um Maria zu verehren. Die kleine Kapelle konnte dann bei weitem nicht die Gläubigen fassen. Hunderte scharten sich um das Heiligtum auf dem Berggipfel. Die Andachten wurden im Freien abgehalten, und von einer neben der Kapelle stehenden Kanzel predigten die Geistlichen zu den Pilgern. Es war eine Demonstration des Glaubens in diesen gefahrvollen Jahren. Auch ohne das Zutun der Geistlichen fanden sich hier die Menschen zum gemeinsamen Gebet zusammen. Ja, was wäre unser Dorf ohne den Rothenberg? Seit unserer Kindheit haben wir ihn liebgewonnen. Er war für uns immer mehr als ein Streifen Land. Hier haben die Guckheimer als Kinder in ihrer Unbekümmertheit gespielt. Hier suchten und fanden sie dann als Erwachsene Trost und Hilfe, wenn ihnen das Leben hart zusetzte. Hier zog es sie hin, wenn ihr Herz dank erfüllt war. Hier hat man sie nach einem arbeitsreichen Leben zur letzten Ruhe gebettet.

2.10 Kriegsende ...

Als sich die Guckheimer am Fronleichnamstag 1947 entschlossen, die alte Kapelle abzureißen und eine neue, größere an gleicher Stelle zu errichten, erhielten sie von der Kapellengemeinde Weltersburg dankenswerterweise einen großen Teil der Bruchsteine, die für den Kirchenneubau dort gesammelt worden waren. Die restlichen Steine wurden in Girkenroth im Steinbruch von Dorfeinwohnern gebrochen. Nicht nur die Männer, nein auch Frauen und Mädchen halfen mit, die Steine auf Lastkraftwagen zu laden. Diese wurden dann am Fuße des Rothenbergs mit dem anderen Baumaterial abgeladen und gelagert. In den Jahren 1947/48 wurden die Tannen auf dem Rothenberg gefällt, die dann später bei dem Kapellenneubau Verwendung fanden. Graf Walderdorff überließ uns ein Waldgrundstück im Remel. Dieses wurde der Zivilgemeinde abgegeben und mit einer gleich großen Fläche auf dem Rothenberg getauscht. Endlich war es soweit: am 27. September 1948 wurde mit den Ausschachtungsarbeiten für den Kapellenneubau begonnen. Diese Arbeiten wurden in Gemeinschaftsarbeit durchgeführt. Gleichzeitig wurde vom Materiallagerplatz zum Gipfel ein Bremsberg angelegt. Johann Kuhl, Mitglied im Kapellenvorstand, wurde mit der Leitung dieser Arbeiten beauftragt. Die erforderlichen Haspel-, Gleis- und Motoranlagen, sowie die dazu gehörenden Einrichtung erhielten wir von der Firma Vereinigte Ton- und Quarzit Betriebe ,Siegen, unentgeltlich ausgeliehen. Bauunternehmer Josef Mille, Guckheim, konnte am 15. November mit den Bauarbeiten beginnen. Doch dann mussten die Arbeiten infolge des starken Frostes bis zum Frühjahr eingestellt werden.
Am 22.5.49 wurde von Dekan Schäfer, im Beisein von Pfarrer Pascher und Kaplan Krimmelbein, der Grundstein zu der neuen Kapelle gelegt. Zahlreiche Besucher hatten sich zu der Feier eingefunden, die durch Liedvorträge der Kirchenchore Salz und Schönberg Möllingen verschont wurden.
Die Arbeiten gingen in der Folgezeit zügig voran, so dass am 26.9.49 das Richtfest gefeiert werden konnte. Da wir für den Kirchenbau von keiner Seite Zuschüsse erhielten, waren unsere Geldmittel alsbald aufgebraucht. Allmonatlich wurden nun Haussammlungen durchgeführt. In den Nachbardörfern wurde ebenfalls Geldspenden für unseren Kapellenbau gesammelt. Auch hier hatte man für unser Anliegen volles Verständnis. Die Zivilgemeinde stellte das Bauholz und einen größeren Geldbetrag zur Verfügung. Die Hauptlast der Finanzierung und der Arbeiten aber wurde von den Guckheimer Einwohnern selbst geleistet. In den Jahren 1948-1952 wurden auf der Freilichtbühne im Remel folgende Theaterstücke gespielt:
Mit den Einnahmen aus den Aufführungen wurde die Finanzierung der Kapelle sichergestellt. (Über diese wichtige und schöne Zeit in Guckheim wird in einem eigenen Kapitel geschrieben.)
Im Sommer 1950 musste der Motor, mit dem das Baumaterial auf den Berg zur Baustelle gezogen wurde, zurückgegeben werden. Diese Arbeit musste nun von den Handwerkern selbst durch Drehen des Haspelschwungrades erledigt werden. Das war eine »mörderische« Arbeit. Deswegen wurde ein befahrbarer Weg angelegt. Nach vielen Mühen war das Werk im Herbst des Jahres 1950 vollbracht. Die neue Kapelle konnte am
12. November ihre feierliche Weihe erhalten. Zu der Einweihung, die von Pfarrer Pascher vorgenommen wurde, waren wiederum zahlreiche Besucher gekommen. Es war ein Freudentag für unsere Gemeinde. Am Nachmittag zogen die Einwohner und Besucher in einer langen Prozession durch den festlich geschmückten Ort hinauf zur neuen Muttergotteskapelle auf den Rothenberg. Zum Abschluss der feierlichen Handlung erklang aus dankbaren Herzen das »Großer Gott, wir loben Dich«.
Auch nach der Einweihung der neuen Kapelle waren noch etliche Aufgaben zu erfüllen. Die Vorstandsmitglieder des Kapellenvereins gingen weiter allmonatlich von Haus zu Haus und sammelten Spenden. Die Frauen der Pfarrei, die den Vornamen »Maria« trugen, stifteten eine neue Muttergottesstatue. Pfarrer Pascher stellte verschiedene Paramente, das Harmonium und ein Abendmahlsbild zur Verfügung. Im Jahre 1951 kam überraschenderweise vom Bischöflichen Ordinariat die Genehmigung, heilige Messen an den Sonn- und Feiertagen in der neuen Kapelle zu feiern. In der Folgezeit versahen die Franziskaner Patres aus Hadamar diesen Gottesdienst. Lorenz Jung wurde Küster, Lehrer Scheidt versah den Organisten Dienst. Der Kapellenneubau war für unsere Gemeinde eine schwere Aufgabe, die viel Fleiß, Ausdauer und Opferbereitschaft erforderte.

2.10.2 Die Schwestern der Göttlichen Vorsehung,
oder Wie die Pittersch Maarerscher, in't Klusda ginge

Im Jahre 1851 gründete der Bischof von Mainz, Wilhelm Emanuel Ketteler, in Finthen das Institut der Schul- und Krankenschwestern von der Göttlichen Vorsehung. Daraus entwickelte sich das Mutterhaus einer neuen Schwesterngenossenschaft, deren Hauptwirkungskreis im schulischen Bereich lag.
Als Pfarrer Johann Buus 1889 die Pfarrei Schönberg-Möllingen (also das Oberkirchspiel) übernahm, gab es im oberen Westerwald kein Krankenhaus. Er beschloss, ein Kranken- und Versorgungshaus in Möllingen zu errichten und konnte mit Hilfe der Bevölkerung (auch aus unserer Pfarrei) am 3. August 1897 den Schwestern der Göttlichen Vorsehung das St. Josefsheim übergeben. In der Folgezeit wurde das Haus als Krankenhaus, Lazarett, Entbindungsheim, Waisenhaus und zuletzt als Altenpflegeheim genutzt. Bis zum 01. Juli 1995 wirkten die Schwestern segensreich in der Pfarrei und in der gesamten Umgebung.

In den vierziger Jahren entschloss sich Elisabeth Breuer (geb. 1926), Tochter von Adam und Margarethe Breuer, in diesen Orden einzutreten. Sie erlernte den Beruf der Köchin und nahm den Namen »Schwester M. Rita« an. Ihre jüngere Schwester Josefine (geb. 1932) arbeitete als junges Mädchen auch im St. Josefsheim in Möllingen. Sie konnte sich damals gar nicht vorstellen, im Kloster zu leben. Aber bald konnte auch sie sich dem Ruf Gottes nicht mehr Verschließen, und sie trat als Postulantin in den Orden ein. Nach der Novizinnen Zeit folgte die Einkleidung und aus.

»Pittersch Finchen« wurde »Schwester M. Genoveva<<. Wie in den Orden üblich, musste die 1. Zeitprofeß (das Ablegen der Gelübde) viermal wiederholt werden. 1962 erlangte Schwester Genoveva ihre Ewige Profeß, d.h. nach langen Jahren der Prüfung entschied sie sich, endgültig im Orden zu bleiben. Sie wurde ausgebildet als Diätassistentin und arbeitet heute in Mainz. Schwester Rita ist im Mutterhaus in Oberursel Tätig, wo sie nicht nur kocht, sondern auch junge Leute ausbildet. Nach unseren Recherchen sind (und waren) die beiden die einzigen Guckheimer, die je in einen Orden eingetreten sind. Ihre Schwestern und Bruder sind alle auswärts verheiratet, Außer der ledigen Maria Breuer, die 1994 verstarb. Nur »Pittersch Haus« steht noch (Brunnenstraße 1) und erinnert uns an den christlichen Geist, der einst dort daheim war.

2.10 Kriegsende ...

Und wie ging es Anfang der fünfziger Jahre in der Pfarrei Salz weiter?
Im Jahre 1951 wurden durch Haussammlungen in der Pfarrei DM 10.000,-- für die Anschaffung neuer Glocken gesammelt. Zwei Glocken, die Marienglocke und die Adelphusglocke läuteten das erste Mal seit 1944 wieder. Der Bischof wurde mit dem Geläute zur Firmung begrüßt. Im folgenden Jahr brachte der aktive Teil der katholischen Jugend die Mittel für eine dritte Glocke, die sogenannte Jugendglocke auf. Diese und eine vierte, kleine Glocke zum Gedächtnis der Gefallenen wurden am Dreifaltigkeitstag feierlich eingeweiht. An diesem Einweihungstag wurden nach der Jugendfeier im Remel auch 400 Motorfahrzeuge gesegnet, ein Brauch, der sich noch lange hielt.

2.11 Das Wirtschaftswunder

Den Menschen in Deutschland ging es jetzt erstaunlich gut. Das sogenannte Wirtschaftswunder brachte neuen Wohlstand. Eine nachdenkliche Betrachtung dieses neuen Aufschwunges stand in einem Artikel in »Der Welt«, der an Weihnachten 1952 erschien:
Der Handel meldet Umsatzrekorde. Der Festschmuck und das Lichtermeer in den Straßen und auf den Plätzen der deutschen Großstädte kostet Millionen. Hunderttausende von Paketen gehen an Verwandte und Freunde. Von Amerika kommen geheizte Steppdecken, Frankreich liefert die teuersten Parfums, und Luxusschuhe aus Florenz und russischer Kaviar vervollständigen die Fülle, die den Neid manches Ausländers erweckt eine Fülle, die den meisten von uns selbstverständlich erscheint.

Wer erinnert sich noch daran, wie es vor fünf Jahren war? Weihnachten 1947 - das Fest fiel in die
»109. Zuteilungsperiode«. In dünnen, alten Mänteln standen die Menschen Schlange, um auf ihre 15 verschiedenen Karten einzukaufen. Der erwachsene »Normalverbraucher« konnte alle ihm zustehenden Lebensmittel mit genau 9,56 Reichsmark monatlich bezahlen. Wer zu Weihnachten 1947 in einem Restaurant essen wollte, war im Dezember 1947 zum ersten Male in der Lage, Reisemarken für 2,5 g Fett abzugeben. »Schwarze Butter« kostete 280 Mark das Pfund. Es gab auf Karten: 150 g Fett, 400 gr. Fleisch, acht Kilogramm Kartoffeln und 500 g Zucker für vier Wochen. Als Festgabe erhielt jeder einen Beutel Süßstoff und auf die Seifenkarte eine Weihnachtskerze!

Ein Facharbeiter musste zehn Prozent seines Bruttowochenlohnes für eine (!) Zigarette auf dem schwarzen Markt bezahlen. Es war die Zeit, in der ein Totengräber in Bayern 40 Pfund Roggen für die Beerdigung verlangte. Es war die Zeit, da eine Familie »hinten herum« eine Weihnachtsgans erstand, sie lebend rupfte, dann aber den Mut verlor und dem Tier aus alten Wollresten einen Pullover strickte. Man wollte den Braten für noch schlechtere Zeiten erhalten. Es war die Zeit, als der amerikanische Militärgouverneur General Clay seine Weihnachtsbotschaft mit den Worten begann: »Die gegenwärtigen Umstände erlauben es mir nicht, Ihnen frohe Weihnachten zu wünschen«.
Erinnern Sie sich noch, es ist schon lange her fünf Jahre! Erinnern Sie sich auch, was inzwischen in der Bundesrepublik geschah, wie es geschah und warum es so geschah, dass ein Weihnachten 1952 möglich wurde?

Im Sommer des Jahres 1952 wurde das letzte Theaterstück der Freilichtbühne Remel gespielt, »Dat Hunsrecker Mädche« von Pfarrer Wilhelm Reuter. Hier feierte wieder der derbe Westerwalder Humor wahre Triumpfe. Wie bei den »Harebouwe« und beim »Schinnerhannes« wurde auch dieses Theaterstück in heimatlicher Mundart gespielt.
Es war die letzte Spielzeit. Schade! Aber nach fünf Spieljahren war es verständlich, dass alle einmal ausspannen wollten. Die Aufgabe war erfüllt. Alle Beteiligten konnten stolz feststellen:
»Ohne die Freilichtspiele hatten wir die Kapelle auf dem Rothenberg nicht bauen können«.

Seit 1951 bestand nun die Möglichkeit, die Sonntagsmesse in Guckheim zu besuchen, der weite Weg in die überfüllte Pfarrkirche in Salz wurde unnötig. Eine Gemeinschaftsarbeit, auf die die Guckheimer mit Recht stolz sein konnten, es gab sicher kaum einen Einwohner, der nichts zum Gelingen dieses Werkes beigetragen hatte. Küster der Kapelle war seit Beginn an Lorenz Jung. In seinem Buch »Geschichte der Pfarrei St. Ägidius, Berod« schreibt Volker Lemke:

Papst Pius XII. rief zum 100-jahrigen Gedächtnis des Dogmas zur Unbefleckten Empfängnis Marias im Jahre 1954 das Marianische Gnadenjahr aus. Aus diesem Anlass wurde im Juni dieses Jahres das Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes aus der Wallfahrtskirche in Westerburg zur Bekenntnisfeier der Katholischen Jugend nach Guckheim gebracht. Arn nächsten Morgen wurde das Gnadenbild mit einem Auto von dort abgeholt in Begleitung von 25 Motorradfahrern aus Berod und Wallmerod. In den Jahren des Wiederaufbaues hatten die Menschen so viel mit der Schaffung des Wirtschaftswunders zu tun, dass nur wenig über das kirchliche Leben zu berichten ist.

Im Jahre 1956 wurde Guckheim Kapellengemeinde. 1959 wurde in Herschbach eine neue, große und moderne Kirche errichtet. Auch unsere, mit so viel Mühen erbaute Kapelle platzte schon aus allen Nähten. Wenn man am Sonntag etwas später dran war, musste man sich mit einem Stehplatz begnügen. Viele standen sogar vor der Kirche, weil die Kapelle nicht alle Gläubigen aufnehmen konnte. Innerhalb von 10 Jahren stand man in Guckheim wieder vor der Frage, wie es weitergehen sollte. Der Antrag auf eine Vergrößerung der Kapelle wurde vorn Bischof abgelehnt mit der Begründung, dass die Kapelle in 10 Jahren dann wieder zu klein sei. Auch dem Antrag der Kapellengemeinde, an den Sonn- und Feiertagen zwei Gottesdienste zu halten, konnte infolge des Priester mangels nicht entsprochen werden. Die einzige vernünftige Alternative schien ein Kirchenneubau zu sein.
An einem Maiabend im Jahre 1959 versammelten sich die Einwohner auf dem Rothenberg, um das Für und Wider eines Kirchen Neubaus zu besprechen. Es wurde besprochen, die neue Kirche in der Dorfmitte, im Wiesengelände
» Weltersbitz«, zu erstellen. Das Baugrundstück wurde von den zuständigen Stellen besichtigt und für geeignet befunden. Von den Grundstückseigentümern konnten die einzelnen Parzellen zu einem besonders günstigen Preis erworben werden. Erst der dritte Entwurf des Architekten Busch fand die Zustimmung aller beteiligten Stellen. Nach diesem Plan sollte eine Kirche mit Glockenturm und einem Jugendheim errichtet werden. Das Bischöfliche Ordinariat empfahl, den Glockenturm aus Kostengründen später zu erstellen. (Anmerkung im Jahre 1999: »Später, wann ist das?«) Im Herbst des Jahres 1960 wurde der Weg zur geplanten Kirche angelegt. Die Vorarbeiten wurden von einigen Dorfbewohnern ausgeführt und standen wieder wie schon beim Kapellenbau- unter der Leitung von Johann Kuhl VI. Mit den Bauarbeiten konnte im Sommer 1961 begonnen werden. Nach mehreren Rücksprachen mit dem Bischöflichen Ordinariat konnten die Fundamente des Turmes mit errichtet werden. Am 1.10.1961 war die Grundsteinlegung.

Urkunde

Im Namen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit
Des Vaters * und des Sohnes * und des Heiligen Geistes wurde im Jahre des Heiles 1961
am 1. Oktober, am Erntedankfest als Johannes XXIII. den päpstlichen Thron innehatte,
Dr. Wilhelm Kempf Bischof von Limburg
Walter Kampe sein Weihbischof Friedrich Pascher Pfarrer und Manfred Stolte Kaplan in Salz waren,
die Franziskaner von Hadamar die Seelsorge in Guckheim ausübten, als Dr. Lübke Bundespräsident und
Dr. Konrad Adenauer Bundeskanzler der Westdeutschen Bundesrepublik, Dr. Peter Altmeier Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz,
Dr. Lingens Landrat des Oberwesterwaldkreises,
Josef Jung IV. Bürgermeister von Guckheim waren,
von Dekan Franz Fischbach der Grundstein dieser Kirche in Guckheim Zu Ehren des Heiligen Johannes des Taufers gelegt.
Der Plan wurde entworfen von Architekt Diplomingenieur Hans Busch, Frankfurt.
Die Bauarbeiten ausgeführt von der Firma Lellmann, Limburg.
Möge diese Kirche unter dem Schutz des Hl. Johannes des Taufers Gott zu Ehren und den Gläubigen von Guckheim zum Heile gereichen.

Guckheim, den 1. Oktober 1961
Dekan Franz Fischbach Pfarrer Friedrich Pascher


Kapellenvorstand :
Lorenz Jung, stellvertretemder Vorsitzender, Anton Scheidt, Lehrer, Karl Jung III., Rechner, Rudolf Müller, Schriftführer, Josef Jung IV., Beisitzer, Johann Kuhl VI., Beisitzer

Architekt: Dipl. Ing. Hans Busch


Im Frühjahr des Jahres 1962 war die Kirche im Rohbau erstellt, am 17. Mai 1962 konnte das Richtfest gefeiert werden. Am 8.9.62 hielt der Architekt Busch in der Gastwirtschaft Jung einen Vortrag über neuzeitlichen Kirchenbau. In dieser Versammlung gab Erich Jung als 1. Vorsitzender der Eintracht Guckheim bekannt, da8 der Verein es sich zur Aufgabe gestellt hatte, eine neue Orgel für die Kirche anzuschaffen. An Weihnachten 1962 konnte die erste Hl. Messe in der neuen Kirche von Pfarrer Friedrich Pascher gefeiert werden. Die ungewohnte Wärme, die die Ölheizung erzeugte, wurde von den Kirchenbesuchern als besonders angenehm empfunden
Am ersten Maisonntag des Jahres 1963 stiftete Pfarrer Pascher, zusätzlich zum Altarkreuz, eine künstlerisch wertvolle Muttergottesstatue. Diese Ausführungen stammen alle aus dem Heft: mit Gott, das anlässlich der feierlichen Einweihung unserer Kirche am 16.6.1963 vom Kapellenvorstand herausgegeben wurde. Autor war Karl Jung ID., besser bekannt als Metzger Karl. Die feierliche Einweihung unserer neuen Kirche war die letzte Amtshandlung von Pfarrer Friedrich Pascher in Salz. Nach 29 Jahren verließ er zum 1. Juli 1963 die Pfarrstelle, um in Molsberg seinen Ruhestand zu Genießen. Er hatte sich dort einen Altersruhesitz errichtet und war fortan Pfarrer Friedrich Pascher, i.R.
Seiner Wesensart und den Bedürfnissen seiner Zeit gemäß interpretierte  man in der folgenden Zeit dieses i.R. nicht mit »in Ruhe« sondern mit »in Reichweite«. Am 14.Juli 1963 wurde Pfarrer Johannes Hubrich, bisher Kaplan in Königstein im Taunus, durch Dekan Franz Fischbach, Hundsangen, als neuer Pfarrer in Salz eingeführt.
In der Adventszeit 1963 wurde die neue Orgel in Guckheim installiert und am 4. Adventssonntag konnte sie durch den Domkapellmeister Papst eingeweiht werden. An Ostern 1964 feierte Friedrich Pascher in Salz sein 50-jähriges Priesterjubiläum. Im Jahre 1965 wurde in Salz das Jugendheim gebaut. Am 1. Fastensonntag 1965 wurde die erneuerte Liturgie ( die Muttersprache wurde eingeführt) in der Pfarrei eingeführt. Auch der Ablauf des Gottesdienstes wurde verändert. Viele Gläubige empfanden diese Neuerung als eine Bereicherung des Gottesdienstes. Ein Mann aus Guckheim kennzeichnete die Verbesserung so:
»Herr Pfarrer, das Schlafen in der Kirche ist jetzt vorbei.« Am 7. November wurde in Salz das Jugendheim eingeweiht. Am 28.November fanden Wahlen zum Kirchenvorstand in allen Ortsgemeinden der Pfarrei statt.
Anfang 1966 wurden dann in allen Orten die Ortsausschüsse gebildet, die mithelfen sollten, die Laienarbeit in den Pfarreien zu aktivieren. Im November 1966 begann in Salz der Erstkommunionunterricht, der in diesem Jahr für zwei Jahrgänge abgehalten werden muBte. Die Kultusminister hatten beschlossen, den Schuljahresbeginn von Ostern in den Herbst zu verlegen. In den Schulen gab es die sogenannten »Kurzschuljahre«, in denen innerhalb von 18 Monaten zwei Schuljahre abgehalten wurden.

Am 31.Juli 1967 schied Frl. Elisabeth Rheinberger nach 22Jahren aus dem Schuldienst in Salz aus. Den Guckheimern war sie bekannt durch ihr durchdringendes »Amen« am Ende der Gebete während der verschiedenen Prozessionen in Salz. Sie wohnte seit 1945 im obersten Stockwerk des Pfarrhauses in Salz, das im gleichen Jahr grundlegend renoviert wurde.

Zum 1. April 1968 verließen nach langen, segensreichen Jahren, die letzten Schwestern das Schwesternhaus in Salz. Der Kindergarten und die Krankenpflege in der gesamten Pfarrei Salz konnten nun durch die Kirchengemeinde nicht mehr erfolgen.

Am 9. November 1968 wurde die neue Verbandsschule in Salz bezogen. Die Schule war zunächst für die Kinder von Weltersburg, Girkenroth und Salz bestimmt. Im Rahmen einer neuen Schulkonzeption traten dann auch die Gemeinden Guckheim und Bilkheim dem Schulverband bei. Herschbach, Molsberg, Wallmerod, Härtlingen und alle Dorfer der Pfarrei Hahn standen zu dieser Zeit in einem »Gastschulverhältnis«.

Im Februar 1970 wurde in Guckheim unter der Leitung von Hubert Theusen, Salz, eine Schola gegründet.
Ebenfalls im Jahre 1970 gab Pfarrer Hubrich wegen einer Erkrankung, und weil er mit der großen Pfarrei überlastet war, die Dörfer Herschbach und Mähren an die Pfarrei Hahn und Molsberg an die Pfarrei Berod ab. Diese Orte wurden jetzt von den Nachbarpfarreien seelsorgerisch versorgt, gehörten aber noch zur Pfarrei Salz. Während der Erkrankung des Pfarrers half der mittlerweile 80-jährige Pfarrer Pascher, der zum Glück i.R., also in Reichweite war, in Salz aus.

Im Laufe des Jahres 1973 versuchten zwei Diebe in Salz in der Pfarrkirche die Statue des HI. Josef zu entwenden. In Guckheim auf dem Rothenberg gelang der Diebstahl: eine Nikolausstatue, zwei Engel und zwei Silberleuchter wurden gestohlen. Als im August dann in Salz zwei Kerzenleuchter vom Kreuzaltar gestohlen wurden, zog man die Konsequenzen. Fortan blieben die Kirchen der Pfarrei Verschlossen.
Im November 1973 gab es wegen der Ölkrise ein Autofahrverbot an den Sonntagen. Der Kirchenbesuch habe aber dadurch nicht gelitten. Die Neuerungen in der Kirche, die das Zweite Vatikanische Konzil gebracht hatte, wurden in Salz nach und nach eingeführt. Seit 1968 gab es Kommunionhelfer, die auch die HI. Kommunion regelmäßig zu den Kranken brachten. Zusammen mit den Lektoren arbeiteten sie  so wie es heute auch noch gemacht wird, nach einem Dienstplan. Als Bischof Wilhelm Kempf im Mai 1974 zur Firmung nach Salz kam, war er erfreut, über die große Zahl der Laien, die in der Pfarrei mithalfen. Seit dem 1.3.1973 ist Anna Sturm die Küsterin in der Kirche in Guckheim.
Das Jahr 1976 begann mit großen Veränderungen, zum 1. Januar 1976 wurden die Orte Herschbach und Mähren aus der Pfarrei Salz ausgepfarrt und der Pfarrei Hahn angegliedert. Herschbach wurde eine eigene Kirchengemeinde. Ebenso wurde Molsberg ausgegliedert und der Pfarrei Berod zugeordnet. Genau 750 Jahre waren seit der Ersterwähnung der Pfarrei Salz im Jahre 1225 vergangen, in dieser langen Zeit gehörten die Orte immer zur Pfarrei Salz. Viele Gläubige aus diesen Orten konnten die neue Entwicklung, die sich damit abzeichnete, einfach nicht verstehen. Aber der Einschnitt verlief trotzdem ohne laute Proteste. Ebenfalls zum 1. Januar 1976 wurde Guckheim eine selbständige Kirchengemeinde. 

Am 12. Dez. 1975 war schon ein eigener Pfarrgemeinderat gewählt worden, der 1. Vorsitzende war Gunther Becker.
Auch bei uns ging damit eine Ära zu Ende. Der Kapellenvorstand wurde aufgelöst. Josef Jung IV., Rudolf Müller und Lorenz Jung waren »Männer der ersten Stunde«, also seit dem 4. Juni 1946 im Kapellenvorstand, sie gehörten dem neuen Pfarrgemeinde bzw. Verwaltungsrat nicht mehr an. Ebenso auch Alfons Mille, der seit 1958 und Karl Eberz, der seit 1964 im Kapellenvorstand war.

Zum 1. Marz 1976 schied Lorenz Jung, aus gesundheitlichen Gründen, aus dem Amt des Küsters aus.
Im Herbst 1976 wurden erstmals Eltern mit der Erstkommunion und Firmkatechese in der Pfarrei Salz betraut. In Salz im Jugendheim war ein Treffen der Eltern, dabei wurde für Guckheim Frau Ulrike Lauf als erste Katechetin für die Kommunionvorbereitung benannt. Sie betreute fünf Kinder, die zum »Kommunionunterricht« zu ihr ins Haus kamen. So blieb es im Großen und Ganzen bis heute. In jedem Jahr werden Eltern ernannt, die diese Aufgabe übernehmen. Meist ist es nicht einfach, Mutter (ganz selten meldet sich ein Vater) für diese Aufgabe zu finden, aber oft sind die Katecheten später doch froh und stolz auf ihre Arbeit.

Im August 1979 lösten sich die Gemeinden Guckheim, Salz und Girkenroth aus dem Schulverband Salz, zuletzt besuchten nur noch die Grundschüler die Schule in Herschbach, die Hauptschüler fuhren schon nach Westerburg. Die Kommunionvorbereitung fand jetzt in dem kleinen Raum im »Turm« der Guckheimer Kirche statt.

Das Jahr 1980 begann mit großen Einschränkungen im Seelsorgebereich der Pfarrei. In Berod trat Pfarrer Quirnbach in Ruhestand, aus der Pfarrei Hahn am See wurde Pater Schermer abberufen. Diese Pfarreien mussten jetzt von Meudt bzw. von Weidenhahn aus mit betreut werden. Dadurch entfiel auch die traditionelle Frühmesse in Salz.

Am 13. Juni 1982 wurde Professor Dr. Franz Kamphaus zum Bischof von Limburg geweiht. Er ernannte am 31. Juli 82 Pfarrer Hubrich zum neuen Pfarrer von Wiesbaden-Frauenstein. Es hatte sich gezeigt, dass der Pfarrer von Salz in Zukunft noch eine weitere Pfarrei im Dekanat Meudt übernehmen musste. Das war mit dem Gesundheitszustand von Pfarrer Hubrich nicht mehr zu vereinbaren. Er wurde am letzten Sonntag im Juli nach 19 jähriger Tätigkeit verabschiedet. Bis zur Neubesetzung der Pfarrstelle verwaltete Pfarrer Hermann Kranz von Weidenhahn aus die Pfarrei Salz. Pfarrer Josef Quirnbach i.R., der seinen Ruhesitz in Herschbach hatte, half bei den Gottesdiensten aus.
Die Pfarrstelle in Salz blieb über ein Jahr vakant.

Am 1. August 1983 übernahm Anton Jonitz die Pfarrei in Salz. Er und die erste Gemeindereferentin in der Pfarrei Salz, Hella Schröder, geb. Berthold, aktivierten die ziemlich brachliegende Jugendarbeit in Salz. Als erstes führte er die sogenannte »Frühschicht« ein. An jedem 4. Donnerstag im Monat, in der Advents- bzw. Fastenzeit an jedem Donnerstag, versammeln sich Gläubige aus allen Altersschichten morgens um 6 Uhr in Salz um den Altar, um zu beten, zu meditieren und zu singen. Aus diesen Frühschichten heraus entwickelte sich auch die Karfreitagsprozession, die ebenfalls morgens um 6 Uhr stattfindet. An jeder Kreuzwegstation wird darüber nachgedacht, welchen Bezug wir heutigen Gläubigen zu den Bildern haben konnten. Die Schlussfeier findet in der St. Leonhard-Kapelle statt. Anschlie8end geht es, wie übrigens im gesamten Jahr nach jeder Frühschicht, ins Pfarrhaus. Dort sind alle Gläubigen zum Frühstück eingeladen, das bewirkt einen großen Zusammenhalt unter den Teilnehmern.

Seit Sommer 1984 finden Kinderfreizeiten. statt. Die ersten Köche waren Josef Kuhl und seine Frau Elfriede, sowie Maria Becker aus Guckheim, von 1985 bis 1991 kochte Helga Müller aus Guckheim, in den Jahren 93 - 96 war Evi Brast für das leibliche Wohl der Freizeitler zuständig. Viele der Teamer (Betreuer) kamen in all' den langen Jahren ebenfalls aus Guckheim. Von den ersten Teilnehmern der Freizeiten nahmen später auch viele wieder als Betreuer teil. Auch diese sehr arbeitsintensiven Veranstaltungen bewirken eine starke Identifizierung mit der Pfarrei.

Seit dem 1.9. 1985 unterstützt der Gemeindereferent Dieter Wittemann den Pfarrer. Weiterhin fanden und finden die Aktivitäten des »Müttervereins« ihren Höhepunkt im Advent bei der Weihnachtsfeier der Frauen im Saale Jung. Wie wir schon erfahren haben, gründete Pfarrer Pascher 1934 u.a. auch den »Mütterverein«, später unter Pfarrer Hubrich nahm man den Namen »Frauengemeinschaft« an, sie ist im kfd (Katholische Frauen Deutschland) organisiert. Die ersten Mitglieder waren: Margarethe Jung (Ron.de Grit), Katharina Neu (Lejse Kätt), Franziska Naas (Naase Siska), Anna Bender (Bender Anna), Katharina Koch (Schmitts Katt) und die erste Vorsitzende war Katharina Kuhl (Wellersch Kätt), die Frau des uns ebenfalls schon bekannten Johann Kuhl. Weitere Vorsitzende waren: Anna Bender, Elisabeth Krieger, Margit Fasel, Elfriede Kuhl und Karin Kloft.
In den Anfangsjahren organisierte der Mütterverein eine Fasenacht bei Dillmanns. Seit Mitte der siebziger Jahre feierte man dann die heute noch bei Wellems stattfindende Weihnachtsfeier. Außerdem werden in Kooperation mit den anderen Frauengemeinschaften der Pfarrei Ausflüge organisiert.

Seit 1972 bot man Seniorennachmittage und Seniorenausflüge an, die eine rege Beteiligung fanden. Mit viel Liebe und Mühe wurden Veranstaltungen für die älteren Mitbürger unseres Dorfes zuerst im Erdgeschoß der alten Schule, später dann im alten Schulsaal, also im Obergeschoß organisiert. Während der Bauzeit des Bürgerhauses fanden die Feiern in der neuen Schule statt.

Das Jahr beginnt mit einer Fastnachtsveranstaltung, wo ein wahres Feuerwerk an Darbietungen geboten wird. Eine besinnliche Fastenandacht, in der der Pfarrer Gedanken zum Kreuzweg Christi darstellt, ist der nächste, feste Programmpunkt im Jahresablauf. Die beliebten Seniorenausflüge bis zu drei in einem Jahr werden im Sommer durchgeführt. Das Jahr endet mit einer Advents sowie einer Weihnachtsfeier, die von der Zivilgemeinde mit unterstützt wird. Diese Veranstaltungen finden seit 1988 in unserem neuen Bürgerhaus statt. 
Bald zeigte sich, dass diese Fülle der Aufgaben mit den personellen und finanziellen Mitteln der Frauengemeinschaft nicht alleine bewältigt werden konnte. Deswegen wurde Ende der achtziger Jahre der Bereich »Seniorenarbeit« aus der Frauengemeinschaft ausgegliedert und vom Pfarrgemeinderats Ausschuss »Caritas und Soziales« unter der Leitung von Rosemarie Lixenfeld übernommen.

Seit den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts findet eine Wallfahrt der Pfarrei Salz in die Liebfrauenkirche in Westerburg am 2. Sonntag im September statt. Während der Nazizeit hingen einmal Transparente über den Westerburger Straßen, darauf standen Schlagworte wie: »Devisenschieber«, oder »Sittlichkeitsverbrecher« als Beschimpfungen für die Wallfahrer. Die katholische Kirche wurde als Devisenschieber verunglimpft, da sie Geld aus Deutschland heraus in die Mission brachte. Die Antwort der Wallfahrer liefs nicht lange auf sich warten. In voller Inbrunst sangen sie das Marienlied: »Oh, Maria, hilf' uns all', hi.er in diesem Jammertal.«

Viele alteingesessene Westerburger waren über Benehmen der »Braunen« sehr ärgerlich und sie entschuldigten sich bei den Wallfahrern für die Verunglimpfungen. Später wurde die Prozession von den Machthabern des Dritten Reiches dann verboten und nach dem Krieg wieder eingeführt. Auch heute noch ist der Sonntag nach der Guckheimer Kirmes (früher sagte man »Nachkirmes«) der Tag, an dem die Salzer von Guckheim nach Westerburg wallfahren.

Am 3. Oktober 1985 verstarb Pfarrer Friedrich Pascher. Er hatte in seinen letzten Jahren im Altersheim in Harbach gelebt. Bis ins hohe Alter von über 90 Jahren zelebrierte er jeden Samstag in Guckheim auf dem Rothenberg eine Hl. Messe. Nachdem er einmal, fast 90-jährig, mit seinem fast ebenso alten VW-Käfer einen Unfall erlitt, wurde er von Guckheimer Gläubigen, oft von Wendelin Fasel, abgeholt. Dieser Unfall war kurios. Beim »Wegweiser«, der Abbiegung hinterm Remel, touchierte er den Bus von Katte Alois. Alois Schäfer, Busunternehmer aus Brandscheid, war das Patenkind von Pfarrer Pascher, weil die Mutter von Alois als junge Frau in Westert gearbeitet hatte. In dieser Zeit war der Vater von Pfarrer Pascher Verwalter des Gutes. Als es jetzt zur glimpflichen Kollision der beiden kam, stieg der Katte aus seinem Bus und sagte: »Ei Patt, wot mechts dau da?«

2.12.1 Zwei Westerwalder im Himmel
Erzählt von Karl Jung
Aufgeschrieben von Barbara Krekel

Als der Katte Alois 1994 starb und in den Himmel kam, besuchte er zuerst einmal seinen Patt, den alten Pfarrer Pascher. Dieser hatte, wie es sich für einen Pfarrer gehört, seinen Platz in der ersten Reihe im Himmel. Ganz vorn saß er auf seiner Wolke und hatte einen herrlichen Überblick auf die Pfarrei Salz und seine ehemaligen Pfarrkinder. Schon von weitem sah er sein Patenkind und begrüßte den Katte herzlich. Dem gefiel es auf der Wolke bei seinem Patt auch sofort gut. Die beiden ließen sich's Wohlsein und erzählten sich gegenseitig ein paar Lügen.
Das konnten sie besonders gut, Pfarrer Pascher hatte zeitlebens Jägerlatein erzählt und der Kotte hatte als Selbständiger ja auch seine Übung darin. Mit einem Wort, die beiden fühlten sich wohl und hatten bis in alle Ewigkeit so zusammensitzen können. Plötzlich tauchte Petrus auf. Er legte die Stirn in Falten und donnerte:
»Alois, ich weiß ja, Du warst immer ein guter Mensch, aber so ganz weit vorne im Himmel ist ja wohl doch nicht der richtige Platz für Dich.«
Der Katte aber konterte geschickt:
» Petrus, hör' mal zu. Wenn mein Patt seine Arbeit auf Erden getan hat, also am Sonntag seine Predigt in Salz hielt, schliefen viele Gottesdienstbesucher ein. Wenn ich aber meinen Beruf ausgeübt habe und die Salzer mit meinem Bus beim Ausflug über die Hochalpenstraße kutschiert habe, saßen sie andächtig beieinander und beteten ein Vaterunser nach dem anderen.«
Ob sich Petrus der Argumentation von dem Katte anschließen konnte, ist keiner lebenden Menschenseele bekannt.

2.12 Die Neuzeit ...

Mitte der sechziger Jahre wurde der Schulsaal unserer a1ten Schule mit finanziel1er Unterstützung der Kapellengemeinde und des Bistums renoviert und als Gemeinderaum genutzt. Im Jahre 1975 kam dann der Kindergarten aus dem Erdgeschoss in den alten Schulsaal, damit die Kinder einen schöneren Raum zur Verfügung hatten. Seit das neue Bürgerhaus steht, benutzt die Kirchengemeinde per Mietvertrag die Räumlichkeiten für Tagungen, Gesangstunden des Chores, die schon beschriebenen Seniorenveranstaltungen und bis vor kurzem wurde dort auch die jährliche Buchverkaufsausstellung des Borromausvereins abgehalten.
Seit 1985 findet in Guckheim auch das sogenannte Patronatsfest statt. Am Sonntag um den Festtag der
Hl. Johannes am 24. Juni treffen sich die Gläubigen zum geselligen Beisammensein an der Kirche. Der Erlös dieser Veranstaltung war ursprünglich für die Anschaffung einer Johannesstatue bestimmt. Diese schmückt jetzt den Altarraum in unserer Kirche.
2.12.2	Sicherheit der Gläubigen
Senkung des Kirchendaches erforderte ungewöhnliche Maßnahme


Guckheim. Kein Beispiel moderner, sakraler Baukunst, sondern schlichtweg eine Notwendigkeit zum Schutz der Gottesdienstbesucher, ist das Gerüst inmitten der St. Johanneskirche in Guckheim. Schon seit Jahren wurden im Auftrag des Bischöflichen Ordinariats Limburg Messungen der Dachkonstruktion durchgeführt, um den Grad der Senkung festzustellten. Anfang Dezember stellten unabhängige Gutachter eine Senkung des Kirchendaches fest, die dem zulässigen Maße äußerst nahe kam, es bei Schneelast sogar überschritt. Der Verwaltungsrat der Kirchengemeinde Guckheim musste die Kirche wegen Einsturzgefahr kurzerhand schließen. Das hatte für die Gemeinde bedeutet: monatelang kein Gottesdienst. Ein Gedanke, der die Verantwortlichen abschreckte.
Mit Hilfe eines Stahlgerüstes wird das durchhangende Dach jetzt auch mit tonnenschwerer Schneelast abgestützt. Ein unschöner Anblick im Kirchenraum, aber ein notwendiger. Sobald die Witterung es zulässt, sollen die Sanierungsarbeiten beginnen. Wie diese Arbeiten aussehen sollen, ist noch ungewiss. Dem Architekten, der die Kirche damals nach einer guten Idee baute, muss jetzt eine bessere Idee einfallen.

2.12.3 Esperanza

Ende der siebziger Jahre traten einige Jugendliche, die der Schola entwachsen waren, an Hubert Teusen mit dem Wunsch heran, dass sie weiter singen wollten. Es wurde ein Jugendchor gegründet, der moderne christliche Lieder sang und mehr Farbe in die Kirche brachte. Der Chor war von Anfang an kein Verein und gehörte auch keiner kirchlichen Institution an.
Vor ungefähr zehn Jahren entstand daraus der Chor Esperanza. Das musikalische Spektrum des Chores umfasst moderne, christliche Songs genauso wie Softrock, Musical und meditatives Liedgut. Die zur Zeit etwa zwanzig Sängerinnen und Sänger werden unterstützt von Keyboard, Gitarren, Violine und Flöte. Zu Beginn sang der Chor nur in Guckheim in der Kirche und hatte nur Mitglieder aus Guckheim. Heute haben die Sängerinnen und Sänger Auftritte überall im Westerwald, im Rheingau und kommen auch aus anderen Gemeinden.
Bei den Auftritten von Esperanza spürt man die Liebe zur Musik, die auch ansteckend auf das Publikum wirkt. Bei den Konzerten sind die Besucher nicht nur bloße Zuhörer, sondern fühlen sich schnell als Teil des Chores. Es werden auch Menschen angesprochen, die den christlichen Kirchen den Rücken gekehrt haben, obwohl oder gerade weil der Chor seine christliche Einstellung nicht verleugnet, sondern auf eine etwas andere Art zum Ausdruck bringen will. 1994 veröffentlichte Esperanza erstmals eine Audio-Kassette von einem Livekonzert, 1998 eine CD mit dem Titel »Stürmische Zeiten«.
Esperanza heißt Hoffnung, der Chor will den Menschen Hoffnung in einer zunehmend kälteren Welt geben. Hoffen wir, dass wir uns noch lange an ihrer Musik erfreuen können.


2.12 Neuzeit ...

Vieles hat sich geändert in den letzten 700 Jahren, besonders viel auch in der letzten Zeit. Man mag es bedauern, begrüßen oder gar nicht wahrnehmen, je nachdem wie man zu den Ereignissen steht. Etwas ist geblieben, seit ewigen Zeiten gehören wir zur Pfarrei Salz. Auch das kann man sehen, wie man will. Aber man darf nicht verkennen, dass dies' uns alle in unserer Entwicklung geprägt hat. Vielen von uns ist das wahrscheinlich gar nicht bewusst. Auch mir ging es lange Jahre so, dass ich unbewusst mein Leben in meiner Heimat lebte. Mir war es gleichgültig, dass meine Eltern aus Guckheim, meine Großeltern, Urgroßeltern und sogar alle meine Ururgroßeltern aus der Pfarrei Salz stammten.
Die schon beschriebenen Frühschichten in der Kirche in Salz werden von den Teilnehmern selber vorbereitet. Das heißt, jeder, der sich berufen fühlt, hat die Möglichkeit, eine Frühschicht vorzubereiten und dort das vorzubringen, was ihm ganz persönlich wichtig ist. Das macht diese Gottesdienste besonders lebendig und bunt. Mal spürt man eine tiefe Frömmigkeit, mal den jugendlichen Übermut, mal die tiefe Nachdenklichkeit desjenigen, der die Frühschicht hält. Ich möchte den Abschnitt über die Einordnung von Guckheim in die kirchengeschichtliche Entwicklung gern abschließen mit der Wiedergabe einer solchen, von mir vorbereiteten Frühschicht. Die einzelnen Textpassagen werden durch Gebete unterbrochen, die der Besinnung dienen sollen. Diese Stellen sind kursiv dargestellt. Der Text soll meine tiefe Verbundenheit zu unserem Dorf, zur Pfarrei und besonders zu den dort lebenden Menschen zeigen.

2.1.2.4 Eine Wanderung durch die Pfarrei

Heute ist laut Kalender Frühlingsanfang, auch wenn es zur Zeit nicht danach aussieht. Trotzdem sind wir nun eingeladen, an einem Spaziergang teilzunehmen. Lasst uns doch einfach mal in Gedanken natürlich durch unsere Pfarrei wandern und vielleicht etwas entdecken, was wir im Alltag sonst übersehen.
Wir gehen von der Kirche aus über den Parkplatz die Schetzbach runter in Richtung Girkenroth. Rechts steht die Schule, aber am frühen Morgen ist noch keiner da es ist alles ruhig. Jetzt geht es steil die Laa hoch. In Girkenroth begrüßen wir die Edith, die schon die Betten macht und Frau Müller, die auf dem Weg zur Schule ist. Am Sportplatz vorbei geht es nach Weltersburg. Die ersten Sonnenstrahlen treffen auf die Fenster im Brambacher Schlösschen, das Windrad dreht sich leise im Wind. Wir gehen an der alten Schule vorbei, hoch zur Kapelle. Unsere erste Rast halten wir oben auf dem Burgberg. Von hier aus genießen wir den wunderschönen Rundblick auf Guckheim mit dem Rothenberg, dem Remel, dem Wald.

Wieder nahm der Teufel Jesus mit sich und führte ihn auf einen sehr hohen Berg. Er zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht und sagte zu ihm:« Das alles will ich Dir geben, wenn Du Dich vor mir niederwirfst und mich anbetest«. Da sagte Jesus zu ihm: »Weg mit Dir, Satan! Denn in der Schrift steht, vor Deinem Herm, Deinem Gott, sollst Du Dich niederknien und ihm allein dienen«.

Jetzt geht es steil bergab, an der Tonkaut vorbei, nach Guckheim. Am Bach liegen noch ein paar Morgennebel, es wird spürbar kühler. Wir gehen durch den Olle, die Thea fährt gerade mit dem Auto aus dem Hof. Wir überqueren die Hauptstraße, gehen an der Grundschule vorbei, wo gerade die ersten Schulkinder mit dem Bus ankommen. Ist das ein Hallo, die Weltersburger und Girkenröther werden von den Guckheimern stürmisch begrüßt. Wir gehen weiter, am Friedhof vorbei. Jetzt geht es steil bergauf zum Rothenberg. Wir ruhen uns auf der Bank vor der Kapelle aus und genießen die Stille im Wald. Als wir die große Eingangstür öffnen, begrüßt uns die Mutter Gottes von ihrem Altar.

Jesus, ein Künstler zeigt uns, Du bist ganz einer von uns. Du nimmst unsere Züge an. Unser Leid ist auch Dein Leid. Alles an Dir ist für uns. Und wo Du bist, geht die Sonne auf. Die Schlucht, die Angst, der Tod sind nicht das letzte. Stärker als der Tod ist die Liebe. Deine Mutter verkörpert sie. Sie wird zum Bild Gottes, der ewig mütterlichen Liebe, die uns auffängt, uns umarmt, die nie mehr aufhören wird.

Wir gehen jetzt über den Steg, zwischen Sportplatz und Tennisplatz führt uns der Weg quer über die Felder und Wiesen zur St. Leonhardskapelle. Dort ruhen wir kurz aus, aber auf der Bank vor der Kapelle weht immer ein kühler Wind Darum gehen wir in die schützenden Mauern des Gotteshauses. Draußen fahren die Autos vorbei, die man aber nur ganz leise hört. Wir knien kurz nieder und zünden eine Kerze an. Dann verlassen wir diesen Ort der Stille der ganz unwirklich von der Sonne durchflutet scheint. Wir gehen über den Singelbersch, vorbei an den Basaltsteinhaufen im Wald, die eine alte Kultstätte der Kelten waren, nach Bilkheim. Wir kommen am Friedhof vorbei, gehen ins Dorf. Marianne steht an der Straße und begrüßt uns. Jetzt geht es steil den Berg hinauf, vorbei am Naurerer Schlößje, in den Wald. Es wird kühl und dunkel, aber wenn wir aus dem Wald heraustreten, sehen wir schon den Kirchturm. Während wir den Ausblick ins Hadamarer Land genießen, das im Sonnenschein vor uns liegt und am Forsterhaus um die letzte Kurve biegen, läuten die Glocken. Heimatklänge!
Unsere Wanderung endet nun hier in der Kirche, wo sie begonnen hat.

Du musst nicht über Meere reisen, musst keine Wolken durchsto8en und musst nicht die Alpen überqueren. Der Weg, der Dir gezeigt wird, ist nicht weit. Du musst Deinem Gott nur bis zu dir selbst entgegengehen. Denn das Wort ist Dir nahe, es ist in Deinem Mund, in Deinem Herzen.

Unsere Wanderung durch die Geschichte der Pfarrei und besonders durch die damit verbundene Geschichte unseres Dorfes Guckheim endet nun auch in der Kirche von Salz, wo sie begonnen hat. Die altehrwürdigen Mauern haben viele Guckheimer kommen und gehen sehen. Einige von denen, die vor uns waren, haben wir kennengelernt, viele kennen wir nicht. Einige von denen, die nach uns kommen, kennen wir ebenfalls, viele nicht. In diesem ewigen Kreislauf von Geburt und Tod leben auch wir in unserem Jubiläumsjahr 1999. Aber vergessen wir nicht:

Die Liebe ist stärker als der Tod!


2.13 Anhang
Auflistung der uns bekannten Priester der Pfarrei Salz

Auflistung der uns bekannten Kapellenvorstände
Auflistung der Pfarrgemeinderate der Kath. Kirchengemeinde, St. Johannes, Guckheim